„You‘ll never walk alone – Gott geht mit“: Ökumenischer Gottesdienst zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft im Kölner Dom

7. Juni 2024; ksd

 

UPDATE (15. Juni 2024):

 

Um Punkt zwölf ertönte der Anpfiff im Kölner Dom. Für die Besucherinnen und Besucher in den gut gefüllten Kirchenbänken und in den Seitenschiffen der Kathedrale war dies das Signal, dass hier kein gewöhnliches Mittagsgebet begann. Zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft und aus Anlass der ersten Partie am Spielort Köln feierten Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Stadtsuperintendent Bernhard Seiger und Pastorin Gesche Tuchtfeld-Haug mit zahlreichen Fußballfans verschiedener Länder einen ökumenischen Gottesdienst. Die Pastorin der Freien evangelischen Gemeinde Köln-Lindenthal las dabei eine für den Anlass passend abgewandelte Fassung aus dem Markusevangelium (Mk 1,16-20): „Jesus wählt sein Team“.

In seiner Predigt verglich dann auch Stadtdechant Kleine die Berufung der zwölf Apostel mit einer Mannschaftsaufstellung. „Jesus ist nicht als Solist unterwegs“, so Kleine. Da gibt es Petrus, den „Kapitän“, es gibt Stürmer, Verteidiger, Hitzköpfe und die, die eher still im Hintergrund sind, aber „einfach ihr Ding“ machen, „wenn es nötig ist“. Mit der Berufung der Zwölf wollte Jesus zeigen: „Bei einem gemeinsamen Ziel ist es möglich, dass verschiedene Menschen gut zusammenarbeiten können. Ein gemeinsames Ziel schafft Verbindungen.“

Wer Großes erreichen wolle, brauche Freunde, Kolleginnen und Mitstreiter, sagte Kleine. Wer es dagegen allein versuche und dabei die Ellenbogen ausfahre, habe vielleicht kurzfristig Erfolg. Er stoße aber dann oft an seine Grenzen, wenn „einer kommt, der besser ist oder kräftiger“.

 

Sport und Fußball verbinden Alt und Jung – über Kulturgrenzen und Sprachbarrieren hinaus

 

Der christliche Glaube sei wie der Mannschaftssport Fußball, erinnerte der Stadt- und Domdechant. „Ein gutes Miteinander ist trotz aller Unterschiede möglich, wenn es eine gemeinsame Mitte und ein gemeinsames Ziel gibt. Wenn sich Menschen mit Stärken und Schwächen, Talenten und Defiziten ergänzen und ein Team bilden. Wenn keiner alleine groß rauskommen will als Einzelkämpfer, der nicht abspielen kann, sondern so gut wie möglich die Gemeinschaft, die Mannschaft, die gemeinsam das Ziel erreichen will, unterstützt.“

Ein Fußballspiel sei ein Fest der Gefühle und auch so manch eingefleischter „Fußballmuffel“ werde sich der EURO 2024 nicht ganz entziehen können, vermutet Kleine. Sport im Allgemeinen und speziell Fußball könnten einen wertvollen Beitrag zu einem zufriedenen und sinnerfüllten Leben leisten. „Das Spiel unterbricht die Zeit, lässt uns Stress und soziale Schranken vergessen. Sport und Fußball verbinden – Alt und Jung, über Kulturgrenzen und Sprachbarrieren hinaus.“

Die Fußball-EM habe das Potenzial, ein Fest der Begegnung von Fußballern, Fans, Zuschauerinnen und Zuschauern, Nationen und Kulturen zu sein, so der Stadtdechant: „Eine Feier der europaweiten Gemeinschaft. Eine Gelegenheit, ein intensives Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.“

 

Von Jesus und seiner Mannschaft inspirieren lassen

 

Die Europameisterschaft könne aber auch Konkurrenz, Respektlosigkeit und Gewalt fördern: „ Solange wir nur die Gemeinschaft zu den Gleichgesinnten suchen und die anderen nur als Gegner sehen, die wir auf dem Spielfeld besiegen wollen, sind die Fußballspiele bitterer Ernst“, warnte Kleine. „Wenn wir uns aber von Jesus und seiner Mannschaft inspirieren lassen, können wir die EM als Fest des Sports, der Länder und der Menschlichkeit feiern. Dann werden wir auch die friedvolle und freundschaftliche Begegnung mit den Menschen, die andere Teams anfeuern, suchen. Das Wichtigste ist dann nicht das Anfeuern desselben Teams, sondern das interessante und bereichernde Zusammensein mit Menschen, die anders denken und fühlen als wir.“

Und weiter: „Mit dieser Einstellung beweisen wir Gottes Liebe und Macht, die solidarische Gemeinschaft schafft, und dann verwirklichen wir, was Psalm 133,1 beschreibt: ,Wie schön ist es, wenn Brüder und Schwestern, und mit Blick auf diese Tage: wie schön ist es, wenn Fußball-Fans in Frieden zusammenleben‘ “, so Stadtdechant Kleine. 

 

Gebet und Bitten um Frieden, Fairness und ein gutes Miteianander auf und neben dem Platz

 

Genau darum ging es in dem ökumenischen Gottesdienst, den Menschen aus verschiedenen EM-Teilnehmerländern mitfeierten, darunter aus der Schweiz und Ungarn, die am Samstagnachmittag das erste Spiel in Köln austrugen, aus Polen, der Türkei, aus Spanien, Italien, Kroatien und vielen Ländern mehr.

Traditionell wird das Mittagsgebet im Kölner Dom seit zwei Jahren als Friedensandacht gefeiert. Und so war das Anliegen des ökumenischen Gottesdienstes auch, für einen friedlichen und fairen Verlauf der Europameisterschaft zu beten – auf und neben dem Platz, unter den Teams, den Fans, den Schiedsrichtern, Medienschaffenden und allen Verantwortlichen.

Im Anschluss an die Predigt spielte Organist Wolf-Rüdiger Spieler, der unter anderem Programm- und Organisationsleiter an der evangelischen Trinitatiskirche ist, eine Variation der wohl berühmtesten Fußball-Hymne „You’ll never walk alone“.

 

Niederlagen gemeinsam tragen und dann gemeinsam wieder aufstehen

 

Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger griff dies in seiner Ansprache auf: „Du gehst nicht alleine! Das ist eine Ansage an uns alle, an jeden von uns: Du bist nicht allein auf deinem Lebensweg. Andere gehen mit und Gott geht mit.“

Das Lied, das nicht nur beim FC Liverpool, wo es seinen Ursprung hat, sondern weltweit als Hymne gesungen wird, fasziniere die Menschen, „weil es jeder mitsingen kann, zumindest den Refrain“, so Seiger. „Es löst Gefühle aus. Es spricht uns zu: Du bist nicht allein. Die Gemeinschaft trägt. Wir können uns gegenseitig Mut machen.“ Und wenn wir Menschen Niederlagen erleiden – was auch immer wieder so sein werde – „dann können wir diese Niederlagen gemeinsam tragen, um dann wieder gemeinsam aufzustehen“. Und so kann man erfolgreich sein, betonte der Stadtsuperintendent.

Der Sport könne helfen, Fairness zu lernen, er schaffe Begegnung, Freude und Glücksgefühle. „Er ist ein wunderbares Mittel gegen Einsamkeit. Jeder gehört dazu“, sagte Seiger. In den Hymnen der Teams und Fans werde von Treue gesungen, „auch in schweren Zeiten, und tut es noch so weh, stehen wir zu unserem Verein oder jeder zu seiner Nationalmannschaft“, so der Stadtsuperintenden weiter. „ Freuen wir uns heute auf diese Treue der Fans zu all den Mannschaften, die wir sehen werden. Ich bin sicher, Gott freut sich mit, wenn wir einander die Freude gönnen!“

 

Gastfreundschaft und Vielfalt, Respekt und Offenheit

 

Im Kindergarten seiner Gemeinde in Köln-Bayenthal lernten die Kinder seit Wochen etwas über die Teams, die bei der Europameisterschaft spielen. Sie malen die Flaggen und lernen die Hymnen kennen, berichtete Seiger. „Es ist toll, da drei- und fünfjährige Steppke, Mädchen und Jungs, zu sehen, die aufstehen, die rechte Hand auf das Herz legen wie Nationalspieler, und Einigkeit und Recht und Freiheit lernen und das zur Einspielung aus der Box singen. Die deutsche Nationalhymne ist ein Zeugnis nationalen Zusammenhalts und der guten Werte unserer Demokratie: Einigkeit und Recht und Freiheit! Und wie es ein TV-Kommentator ergänzte: Vielfalt.“

Die Kindergartenkinder hörten zum Beispiel auch die schottische Hymne, erzählte Seiger. Sie klinge majestätisch und schwungvoll und die Kinder hätten verstanden, was ein Dudelsack als typisches Instrument dabei mache. „Das heißt: Ich kann mein Land lieben und das andere Land achten und mich ein Stück einfühlen. Schon Kinder können sich dafür interessieren, wie es in Schottland und Ungarn und der Schweiz ist und welche Musik da gemacht wird. Und eben diese Gastfreundschaft und Vielfalt und Offenheit füreinander wollen wir auch in Köln erleben. Gott hat uns verschieden geschaffen, und die Eigenheit der anderen können wir mit Offenheit aufnehmen und achten“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger.

Nach rund einem Drittel regulärer Fußballspielzeit erklang der Abpfiff im Kölner Dom. Für die kleinen und großen Besucherinnen und Besucher hatten Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger und Pastorin Gesche Tuchtfeld-Haug dann noch eine süße Überraschung vorbereitet: Sie verteilten kleine Fußbälle aus Schokolade und als Fußball verpackte Lollis.

 

Autorin: Hildegard Mathies

 

Hier können Sie die Predigt von Stadtdechant Kleine nachlesen und hier die Ansprache von Stadtsuperintendent Seiger.

 

DOMRADIO.DE hat den ökumenischen Gottesdienst live übertragen. Das Video können Sie hier abrufen, ebenso die Beiträge von Stadtdechant Kleine und Stadtsuperintendent Seiger.

  

Köln (ksd/apk). Zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft EURO 2024 feiern die christlichen Kirchen am ersten Spieltag in Köln, Samstag, 15. Juni, einen ökumenischen Gottesdienst im Kölner Dom. Beginn ist um 12 Uhr. Vorbereitet und gestaltet wird der Gottesdienst von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Köln, dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region sowie dem Katholischen Stadtdekanat Köln. Den Gottesdienst feiern Stadtsuperintendent Bernhard Seiger und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine sowie Pastorin Gesche Tuchtfeld-Haug.

Kölns Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine, ist bekennender Fußballfan – und das nicht nur als Mitglied des 1. FC Köln. Kleine freut sich schon auf das Turnier und vor allem auf die Spiele in der Domstadt. So, wie es ihm immer auch ein Anliegen ist, den Start der Saison für den FC und seine Fans mit der großen ökumenischen Andacht im Dom unter den Segen Gottes zu stellen, so war dies auch beim Blick auf die Europameisterschaft keine Frage: „Ich wünsche allen Mannschaften und allen Fans eine schöne, spannende und sichere EM. Mit dem ökumenischen Mittagsgebet im Kölner Dom verbinden wir den Wunsch, dass das Turnier auf und neben dem Platz fair und friedlich verlaufen möge. Zugleich freuen wir uns auf die Fußballfans aus den europäischen Ländern, die ihre Mannschaften hier in Deutschland und Köln unterstützen werden, und feiern unseren Gottesdienst natürlich ,international‘!“

Für Superintendent Bernhard Seiger ist die Europameisterschaft im eigenen Land ein Fest, das Menschen zusammenbringt. „Ich freue mich auf die Leistungen der Teams und das unmittelbar spürbare europäische Lebensgefühl. Ich bin gespannt auf prickelnde Spiele, und hoffe natürlich auch auf erfolgreiche Spiele unserer Nationalmannschaft“, so der Stadtsuperintendent.

 

Der Gottesdienst wird am Samstag, 15. Juni, ab 12 Uhr live übertragen von DOMRADIO.DE

 

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