„Sag's dem Papst“: Beim „Talk am Dom“ wirbt Stadtdechant Robert Kleine für Beteiligung an Weltsynode

9. März 2022; ksd

Köln. Papst Franziskus hat zu einem Weltsynoden-Prozess eingeladen, um gemeinsam mit allen Interessierten über die Frage nach der Zukunft der Kirche ins Gespräch zu kommen. Am 1. Februar begann die diözesane Etappe im Erzbistum Köln. Bis zum 18. März sind Eingaben möglich. Der Kölner Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, der Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, Gregor Stiels, und Rainer Tüschenbönner, Leiter von DOMFORUM und Katholischem Bildungswerk Köln, sprachen beim „ Talk am Dom“ über ihre Eindrücke, Erwartungen und bisherige Eingaben aus dem Erzbistum Köln.

 

Der Countdown läuft: Noch neun Tage dürfen alle, denen die Zukunft der katholischen Kirche am Herzen liegt, dem Papst sagen, was sie denken. Und das auf direktem Weg. Sowie mit der Zusicherung, dass bei Franziskus auch wirklich jede Botschaft ankommt – und für ihn jede Meinung zählt. Jedenfalls hatte das Erzbistum Köln Anfang Februar dazu eine Beteiligungsplattform freigeschaltet, die immerhin bis zur Mitte dieser Woche knapp 3400 Eingaben registriert. Bei der Weltsynode, die Papst Franziskus am 9. Oktober 2021 eröffnet hat und die in einem zweijährigen Prozess bis zum Jahr 2023 andauern soll, geht es um die wichtige Frage, wie die Sendung der Kirche in heutiger Zeit überzeugend, partizipativ und gemeinschaftlich gelebt werden kann. Der Papst wünscht, dass sich die Kirche – deutlicher als bisher – zu einer synodalen Kirche entwickelt, also einer Kirche, deren Umgangsstil sehr viel stärker als heute von der Gemeinschaft und einem guten Miteinander aller Kirchenmitglieder geprägt ist. Synodalität ist für das Oberhaupt aller Katholiken wesentlicher Bestandteil der Kirche. Deshalb soll sich das Synodale – „das gemeinschaftliche Gehen“ – in Stil, Kultur und Struktur der Kirche niederschlagen.

Wie aber sollte eine solche Zukunft der Kirche aussehen? Diese Frage kann jeder noch bis zum 18. März beantworten. Egal, ob mit Kritik, Änderungswünschen oder Anregungen. Sechs Wochen insgesamt wird die Online-Plattform unter dem Motto „Sag’s dem Papst“ dann geöffnet gewesen sein. In zehn unterschiedlichen Themenbereichen geht es unter anderem um die Fragen: „Wie erleben Sie den Umgang mit Konflikten in der Kirche?“, „Für welche Themen soll sich die Kirche erkennbar stark machen?“ und  „Wie könnte das gegenseitige Zuhören im kirchlichen Umfeld gestärkt werden?“ Alle zehn Themen kreisen eigentlich um die Frage: Wie können wir gemeinsam synodal Kirche sein? So jedenfalls nennt das der Papst, was letztlich nichts anderes meint als: Wie kann es gelingen, dass wir gemeinsam gehen? Damit reagiert der Papst auf die Wahrnehmung, dass bei der Gesprächsbereitschaft und Kommunikation innerhalb der Kirche akuter Verbesserungs- und Veränderungsbedarf besteht.

 

„Hier wird nichts zensiert“

 

Um für diese Synode, an der sich Gläubige aus aller Welt beteiligen, noch einmal kräftig im Erzbistum Köln die Werbetrommel zu rühren, stellten sich jetzt auf Einladung des Katholischen Bildungswerkes beim „Talk am Dom“ Stadtdechant Msgr. Robert Kleine sowie Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, den Fragen von Rainer Tüschenbönner. „Auf den letzten Metern wollen wir noch einmal dazu auffordern, diese Möglichkeit der Meinungsäußerung zu nutzen“, argumentierte dabei der Leiter des Bildungswerkes und des DOMFORUMs. „Hier wird nichts zensiert. Die Auswertung aller Eingaben fließt Ende April in ein Diözesanforum ein. Dazu werden alle Rückmeldungen gesichtet und geclustert, das heißt unter Stichworten und Überschriften gebündelt, im Mai dann nach Rom weitergeleitet. Der Papst will von möglichst vielen Menschen weltweit hören, was das Gottesvolk denkt“, versicherte Moderator Tüschenbönner den Veranstaltungsteilnehmerinnen und Teilnehmern, forderte aber auch dazu auf, sich mit Fragen in die Runde einzubringen.

Es geht um eine realistische und ehrliche Bestandsaufnahme, wo die Kirche heute steht, und um eine weltweite gemeinsame Überlegung, wie und wohin sich Kirche in Zukunft entwickeln soll. Jeder kann also zu den Themen, die ihm am Herzen liegen, seine Meinung, seine guten wie schlechten Erfahrungen oder seine Visionen von einer Kirche, wie sie auch sein könnte, beitragen. Man loggt sich einfach ein, und schon geht es los: Es können eigene Äußerungen formuliert, aber auch die Einträge anderer kommentiert werden.

 

„Es muss ein Ruck durch diese Kirche gehen“

 

Niemand solle denken „Meine Stimme zählt ja doch nicht“, sagte Kleine gleich zu Beginn. Ihn beeindrucke, wie er erläuterte, dass die ganze Welt zur Teilnahme an diesem Prozess eingeladen sei. „Mit dem Versprechen, dass eine jede und ein jeder mit seinem Beitrag wichtig ist. Und bei einer hohen Beteiligung wird gehört, was wir in Deutschland und Europa denken.“ Auch auf Diözesanebene, wo diese Beiträge transparent gemacht würden, wolle man mit diesen Rückmeldungen arbeiten. „Nichts ist also umsonst“, bekräftigte der Stadtdechant.

Kardinal Woelki habe zuletzt noch betont, zitierte er aus dem aktuellen Fastenhirtenbrief, dass wir alle als Schwestern und Brüder, Getaufte und Gefirmte gerufen und berufen seien, die Botschaft Jesu Christi weiterzugeben. „Ohne dass Laien innerhalb der Kirche nur als bloßes Feigenblatt dienen, während die Bischöfe die wichtigen Entscheidungen treffen“, fügte Kleine hinzu. „Es müsste ein Ruck durch diese Kirche gehen, so dass nicht die Farbe der Soutane und das Geweihtsein die bestimmende Rolle spielen, sondern das authentische und ehrliche Zeugnis jedes Getauften.“

 

„Sprechen auf Augenhöhe einüben“

 

Er habe weniger die Erwartung, dass es im Jahr 2023 mit einem Mal die große Erneuerung gebe, räumte der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, ein. „Für mich ist eher das Einüben eines synodalen Miteinanders wichtig, dass es ein ‚wir miteinander’ gibt, der Pastor seiner Gemeinde zuhört, ein Sprechen auf Augenhöhe möglich wird. Da sind wir nicht wirklich gut drin, konnten das aber mit Weihbischof Steinhäuser in der Zwischenzeit schon ein bisschen üben.“ Stiels hält die Weltsynode für einen spannenden Prozess, „auch weil wir uns dabei mal wieder als Weltkirche erleben können und es um eine Andersartigkeit des Umgangs geht“. Interessant sei doch, dass der Papst mit allen und eben nicht nur mit den Bischöfen sprechen wolle. „Das bedeutet doch auf meiner Ebene, dass mir der Kardinal nicht zu sagen hat, wie ich in diesen synodalen Prozess reingehe.“

Eine Absage erteilte Stadtdechant Kleine der Forderung nach einem Dritten Vatikanischen Konzil. „ Vielleicht brauchen wir nur einen neuen Aufschlag des Zweiten Vaticanum“, meinte er stattdessen. Selbstkritisch räumte er an anderer Stelle ein, dass manche Menschen, zum Beispiel die mit gescheiterten Lebensentwürfen oder anderen Lebensformen, in der Kirche nicht nur nicht genug gesehen, sondern mitunter auch links liegen gelassen würden. „Dabei sind wir alle Geschöpfe Gottes“ , betonte er mit Nachdruck. Und schließlich gehöre jeder zur Kirche, der sich zu Gott bekenne, getauft oder als Christ engagiert sei. Auch der Umgang mit Frauen in der Kirche gehöre auf den Prüfstand. „Die müssten ganz vorne mitlaufen“, so Kleine. Bei all dem sei aber wichtig: „Nicht wir weisen den Weg, der Herr selbst weist den Weg. Und vielleicht erkennen wir auch den einen oder anderen neuen Wegweiser.“

 

„Der Prozess kann die Kirche wachrütteln“

 

Er mahnte aufmerksames Zuhören sowie einen wertschätzenderen und respektvolleren Umgang – vor allem auch mit Andersdenkenden – an, indem man versuche, sein Gegenüber zu verstehen und nicht gleich in eine Schublade zu stecken. „Es sollte sogar ein Qualitätsmerkmal von Kirche sein, dass wir es anders machen“, forderte indes Stiels. „Eine andere Meinung darf nicht gleich in den sozialen Medien einen Shitstorm auslösen. Wenn wir wieder erreichen, den anderen zu respektieren, werden wir auch attraktiver sein.“ Die Kirche sei kein Selbstzweck, sondern für die Menschen da. Angesichts des großen Vertrauensverlustes müsse die Kirche das Ohr bei den Menschen haben. „Dabei kann uns dieser Prozess wach rütteln“, so der Vertreter des Kölner Laiengremiums.

Beim Themenfeld 4 „Gemeinsam den Glauben feiern“, das Moderator Tüschenbönner exemplarisch für die anderen inhaltlichen Schwerpunkte aufgriff, betonte Kleine angesichts eines großen Schatzes spiritueller Tradition die Bedeutung der Eucharistiefeier als Quelle und Höhepunkt, in der es mit Christus im Zentrum um Ermutigung gehe. Aber auch andere Gottesdienstformen hätten ihre Berechtigung, um Gottes Nähe zu spüren, erklärte er. Wichtig sei, dass sich die Menschen eingeladen und willkommen fühlten. „Es geht um Verbindlichkeit, denn ich freue mich doch, dass sie da sind, und wenn es eben nur einmal im Jahr zu Weihnachten ist. Aber dann will ich für sie eine gute Erinnerung an dieses Fest schaffen. Hochzeiten oder Beerdigungen – das alles sind wichtige Ereignisse, bei denen Menschen eine gute Erfahrung mit Kirche machen sollen.“

 

„Am Ende muss immer der Dialog stehen“

 

Zum Themenfeld 6 „Im Dialog sein“ konstatierte Stiels, dass zunehmend mehr Menschen vereinsamten – auch weil sich die gängigen Kommunikationsformen in rasender Geschwindigkeit veränderten und ältere Menschen da mitunter nicht mehr mithalten könnten. „Dabei sollte da, wo Kirche ist, niemand einsam sein. Gerade am Ende der Pandemie dürfen wir nicht den Zeitpunkt verpassen, wieder mehr miteinander zu sein.“ Den anderen ernst nehmen mit seiner Position und sich dem Dialog stellen – so lautete Stiels Credo an diesem Abend. „Egal wie weit wir inhaltlich auch auseinander liegen – am Ende müssen wir gemeinsam beten und gemeinsam Gottesdienst feiern können, vor allem aber immer eine einladende Kirche sein“, fand er.

„Für die Menschen bestellt – das ist unser Leitwort“, ergänzte Kleine. „Wir brauchen Orte des Dialogs, wo sich Kirche artikuliert und mit der Gesellschaft zusammenwirken kann. Gerade bei den großen Themen wie der Bewahrung der Schöpfung oder ‚Flucht’ und ‚Heimatverlust’ jetzt im Ukraine-Krieg müssen wir mit dabei sein und dürfen das nicht anderen Gruppen überlassen.“ Vielmehr müsse wieder mehr die Lebensfreundlichkeit und damit Menschenfreundlichkeit der Kirche deutlich werden. Almosen von oben herab zu verteilen reiche nicht aus. Letztlich gehe es angesichts der drei Reformprozesse „Pastoraler Zukunftsweg“, „Synodaler Weg“ und „Weltsynode“ darum, schon jetzt zu überlegen, „wo wir im Jahr 2030 mit unseren Ressourcen stehen – nicht nur strukturell, sondern vor allem auch geistlich“.

 

Autorin: Beatrice Tomasetti

 

Das diözesane Portal zur Weltsynode erreichen Sie hier.

 

Die Seite der Weltsynode (in englischer Sprache) finden Sie hier.

 

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