Papst Franziskus ist tot / Gedenken im Kölner Dom und Pontifikalrequiem am Mittwoch (23. April)
21. April 2025; Hildegard Mathies
Rom. Am Morgen des Ostermontags ist Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren verstorben. Noch gestern hatte sich der Papst auf dem Petersplatz gezeigt und den Segen „Urbi et Orbi“ gespendet. Dabei war hör- und sichtbar, wie schwach der Pontifex noch war nach seinem längeren Klinikaufenthalt ab Mitte Februar. Dennoch ist sein plötzlicher Tod ein Schock für die katholische Weltkirche.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, sagt in einer ersten Stellungnahme:
„Mit dem Tod von Papst Franziskus verliert die Kirche einen großen Papst, einen umsichtigen Hirten und einen mutigen Erneuerer des kirchlichen Auftrags. In tiefer Trauer verbeugen wir uns vor einem Papst, dem es ein Anliegen war, unter den Menschen zu sein und an die Ränder der Gesellschaft zu gehen.
Papst Franziskus hat in der Kirche starke Akzente gesetzt und neue Wege des Miteinanders eröffnet. Seine Enzykliken und Apostolischen Briefe, gerade zuletzt nach den mutigen und wegweisenden Bischofssynoden in Rom zu Fragen der Familie, der Jugend und dem Amazonasgebiet, werden uns weiter Auftrag und Verpflichtung sein. Der von ihm angestoßene Weg einer synodalen Kirche ist und bleibt mit den beiden Generalversammlungen der Weltsynode 2023 und 2024 unumkehrbar.
In der Stunde der Trauer und des Abschieds sind wir dankbar für einen Papst, der uns einen lebendigen Glauben vorgelebt und ein neues Bewusstsein für Barmherzigkeit – auch in der Kirche – vermittelt hat. Papst Franziskus hat als Brückenbauer Menschen zusammengeführt.
Voll Dankbarkeit nehmen wir Abschied von Papst Franziskus, dem Menschenfreund und Menschenfischer.“ (dbk)
Die Deutsche Bischofskonferenz hat online eine Trauerseite eingerichtet. Einen ausführlichen Nachruf von Bischof Dr. Georg Bätzing lesen Sie weiter unten.
Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine schreibt in einer ersten Stellungnahme auf seinen Sozialen Medien:
Heute Morgen, am Ostermontag verstarb unser Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren.
So wie die Emmaus-Jünger im heutigen Evangelium dem Auferstandenen begegnen, so möge jetzt auch Franziskus unserem Herrn Jesus Christus begegnen, dem er als Priester, Bischof und Papst treu und liebend gedient hat.
Herr, schenke unserem Papst Franziskus die ewige Ruhe.
Und das ewige Licht leuchte ihm.
Lass ihn ruhen in Deinem Frieden.
Amen.
Dazu postete er ein Foto, das während der Romfahrt der Altstädter im Jahr 2022 entstand, deren Generalhillije (damals Feldhillije) er ist und schrieb dazu: „So wird man den Papst in Erinnerung behalten.“
Möge Papst Franziskus in Frieden und für immer in der Liebe Gottes ruhen.
Am Mittwoch, 23. April, wird um 18.30 Uhr ein Pontifikalrequiem für Papst Franziskus im Kölner Dom gefeiert. DOMRADIO.DE überträgt live.
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Am Abend wurde das Geistliche Testament von Papst Franziskus verööfentlicht (Englisch)
In the Name of the Most Holy Trinity. Amen.
As I sense that the twilight of my earthly life is approaching, and with firm hope in Eternal Life, I wish to express my final wishes regarding my burial place.
I have always entrusted my life and priestly and episcopal ministry to the Mother of Our Lord, Mary Most Holy. Therefore, I ask that my mortal remains rest, awaiting the day of resurrection, in the Papal Basilica of Saint Mary Major.
I wish that my final earthly journey conclude precisely in this ancient Marian shrine, where I go to pray at the beginning and end of every Apostolic Journey to faithfully entrust my intentions to the Immaculate Mother and to give thanks for her gentle and maternal care.
I ask that my tomb be prepared in the burial niche in the side nave between the Pauline Chapel (Chapel of the Salus Populi Romani) and the Sforza Chapel of the aforementioned Papal Basilica, as indicated in the enclosed plan.
The tomb should be in the ground; simple, without particular ornamentation, and bearing only the inscription: Franciscus.
The expenses for the preparation of my burial will be covered by a sum provided by a benefactor, which I have arranged to be transferred to the Papal Basilica of Saint Mary Major. I have given the appropriate instructions to Msgr. Rolandas Makrickas, Extraordinary Commissioner of the Liberian Chapter.
May the Lord grant the deserved reward to those who have wished me well and will continue to pray for me. The suffering that marked the final part of my life, I offer to the Lord, for peace in the world and brotherhood among peoples.
Domus Sanctae Marthae, 29 June 2022
FRANCIS
Die deutsche Übersetzung folgt auf der deutschen Website des Vatikan. Vatican News hat bereits eine Zusammenfassung veröffentlicht.
Kardinal Rainer Maria Woelki schreibt in einer Stellungnahme zum Tod von Papst Franziskus:
„Der Tod von Papst Franziskus erfüllt mich und viele Menschen weltweit mit großer Trauer. Der Heilige Vater war ein unermüdlicher Anwalt der Schwachen und der an den Rand Gedrängten. Sein ständiges waches Mahnen zu sozialer Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung als unserem ‚ gemeinsamen Haus‘ wird uns ebenso fehlen, wie seine Impulse zu einem synodalen Miteinander in der Kirche und dazu, das Evangelium allen Menschen zu verkünden.“
Für das Kölner Erzbistum war Papst Franziskus ein wichtiger Impulsgeber. So forderte das Kirchenoberhaupt immer wieder, dass die Kirche an die Ränder der Gesellschaft gehen müsse und setzte sich für Arme, Obdachlose oder Geflüchtete ein. Mit seinen Besuchen auf Lampedusa und der griechischen Insel Lesbos setzte er früh Akzente. Dem Aufruf zu einem entschlossenen Handeln folgte auch Kardinal Woelki, indem er kurz nach seinem Amtsantritt im Erzbistum Köln die Flüchtlingshilfe „ Aktion Neue Nachbarn“ ins Leben rief.
Die weithin bekannt gewordene zweite Enzyklika in Franziskus' Pontifikat trug den Namen „Laudato si“ (2015) und nahm Umwelt- und Sozialthemen in den Blick. „Die Sorge für das gemeinsame Haus“ stand im Mittelpunkt des Schreibens. Kardinal Woelki schloss sich dem Appell von Papst Franziskus zu einer „ökologischen Umkehr“ an. In Anlehnung daran wurden Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine nachhaltige Schöpfungsverantwortung zum Fundament kirchlichen Handelns im Erzbistum Köln.
Als erster Papst rief Franziskus mit der Weltsynode 2021-2024 die gesamte Kirche in einem synodalen Prozess zusammen. Dabei betonte der Papst, dass Synodalität nicht nur in Strukturen, sondern auch im gemeinsamen Hören auf den Heiligen Geist gelebt werden müsse, um gemeinsam den künftigen Weg für die katholische Kirche zu beschreiten. Die dort eingeführte Arbeitsweise des wertschätzenden Zuhörens und einer Offenheit für das, was der andere sagt, integriert das Erzbistum Köln inzwischen systematisch in die eigene Gremienarbeit. (pek)
Auch das Domkapitel hat eine Stellungnahme zum Tod von Papst Franziskus veröffentlicht:
Dompropst Msgr. Guido Assmann sagt: „Das Pontifikat von Franziskus hat 2013 mit einem freundlichen ‚Buona sera‘ auf dem Balkon des Petersdoms begonnen. Mit seinem bescheidenen Auftreten, seinem Mitgefühl und seinem Herz für Arme, Vertriebene und Schwache hat Franziskus viele Sympathien gewonnen.“
Migration sei von Anfang an eines der großen Themen des Papstes gewesen, so der Dompropst weiter. „Mit seinen Besuchen auf Lampedusa und auf der griechischen Insel Lesbos hat Franziskus früh Zeichen gesetzt. Er verstand es, Brücken der Liebe und Geschwisterlichkeit zu anderen Religionen zu bauen, und setzte mit seiner Umwelt-Enzyklika ‚Laudato si‘ ein wichtiges Zeichen im Kampf gegen die weltweite Umweltzerstörung.“
Zugleich sei Franziskus auch ein Papst gewesen, der polarisiert habe, so der Dompropst. „Einige seiner Äußerungen und Entscheidungen sind als unverbindlich oder missverständlich kritisiert worden – und haben auch uns Christinnen und Christen im Erzbistum Köln herausgefordert. In schwierigen Krisenjahren, die durch Missbrauchsaffären und schwindende Identifikation mit kirchlichem Leben geprägt waren und sind, hat es Franziskus jedoch für viele verstanden, unsere Kirche als den Menschen zugewandt und barmherzig zu repräsentieren. Möge er in Frieden ruhen.“
In allen Domgottesdiensten wird in den kommenden Tagen des Verstorbenen gedacht. Außerdem wird im Dom ein zentraler Gedenkort an der Schmuckmadonna geschaffen, an dem alle Gläubigen ihre Anteilnahme zum Ausdruck bringen können. Über weitere besondere Gottesdienstangebote zum Gedenken an den verstorbenen Papst informiert der Kölner Dom kurzfristig auf seiner Website.
Am Mittwoch, 23. April, wird um 18.30 Uhr ein Pontifikalrequiem im Kölner Dom gefeiert.
Zahlreiche Reaktionen und Würdigungen des Pontifikats von Papst Franziskus, der sein Amt im Jahr 2013 nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. mit einem schlichten „Buona sera“ begann lesen Sie auf
www.domradio.de und www.katholisch.de
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, hat nach seinem ersten Statement (siehe Seitenanfang) auch einen ausführlichen Nachruf auf Papst Franziskus veröffentlicht:
„Denn die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer“ (Mt 26,11)
Der Heilige Vater, Papst Franziskus, ist tot. Wir blicken voll Trauer nach Rom und in seine
argentinische Heimat. Der allmächtige Gott hat seinen Diener, den Nachfolger des Apostels Petrus,
heimgerufen. In Jahren seines Pontifikats hat Franziskus die katholische Kirche auf vielfältige
Weise geprägt und uns einen hoffnungsvollen, mutigen Glauben vorgelebt.
Einen programmatischen Akzent für seine Amtszeit setzte der damalige Kardinal und Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, bereits mit der Wahl seines Namens: Franziskus. Auf diese Weise verbunden mit dem heiligen Ordensgründer kam seine Demut vor Gott und den Menschen zum Ausdruck. Zuvor hatten ihn die Kardinäle am 13. März 2013 als Nachfolger von Papst Benedikt XVI. gewählt.
Die Kraft für sein Amt wollte Papst Franziskus vor allem aus dem Gebet füreinander schöpfen. Das fasste er unmittelbar nach seiner Wahl gegenüber den Gläubigen auf dem Petersplatz in die Worte: „ Jetzt möchte ich den Segen spenden, aber vorher bitte ich Euch um einen Gefallen: Bevor der Bischof das Volk segnet, bitte ich Euch, dass Ihr zum Herrn betet, dass er mich segnet.“ Stetiges gegenseitiges Anvertrauen im Gebet, nicht die Kraft der eigenen Persönlichkeit, verstand der Heilige Vater als Antrieb für seinen Dienst. Schon in seinem Wahlspruch als Bischof hat Franziskus sein Selbstverständnis von Amt und Aufgabe gezeigt: „Miserando atque eligendo“ („aus Barmherzigkeit erwählt“). Die Begleitung im Gebet erschloss ihm jenes göttliche Erbarmen, das ihn in seiner Amtszeit tragen sollte.
Diesen Andeutungen am Abend seiner Wahl trug Franziskus Rechnung mit vielen kleinen und großen Gesten und Sätzen der Bescheidenheit, Barmherzigkeit und Liebe. Besonders verpflichtet wusste sich der Jesuit und Lateinamerikaner den Armen, Hilflosen und Geflüchteten. In der Verbundenheit mit diesen Menschen „in den Randgebieten der Gesellschaft“ sah Franziskus einen wesentlichen Grundvollzug seines Petrusamtes: „Gewiss, Jesus Christus hat Petrus Macht verliehen, aber um was für eine Macht handelt es sich? Auf die dreifache Frage Jesu an Petrus über die Liebe folgt die dreifache Aufforderung: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe. Vergessen wir nie, dass die wahre Macht der Dienst ist und dass auch der Papst, um seine Macht auszuüben, immer mehr in jenen Dienst eintreten muss, der seinen leuchtenden Höhepunkt am Kreuz hat … Nur wer mit Liebe dient, weiß zu behüten!“ (Predigt zur Amtseinführung am 19. März 2013).
Ohne den Blick vom Leid der Armut und der Verzweiflung der Menschen zu lösen, stand Franziskus an der Seite jener, die des Wortes Gottes und der Liebe der Kirche am meisten bedürfen. In diesem Zusammenhang sprach er von der „verbeulten Kirche“, die ihren Auftrag nur erfüllen könne, wenn sie auf die Straßen hinausgehe – zu den Obdachlosen, Hungrigen und Gefangenen. Als Papst und auch schon als Erzbischof von Buenos Aires lebte Franziskus diese Forderung und schritt stets mutig voran, wenn es um den Einsatz für Menschen am Rand der Gesellschaft ging. Er hinterlässt uns auch nach seinem Tod den Auftrag, es ihm gleich zu tun, denn eine Kirche, die sich „aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit“ hinter dicken Mauern verstecke, werde ihrer Sendung nicht gerecht (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium). Dazu zählt auch das Engagement von Papst Franziskus im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche. Wir sind dankbar für die von ihm verfügten Maßnahmen, die weitreichende Konsequenzen für das Leben der Kirche, auch für uns Bischöfe, haben. Wie bereits seinen Vorgängern war es dem Heiligen Vater ein Anliegen, das Leben der Kleinsten und Wehrlosesten zu schützen. Dieser Auftrag ist uns über seinen Tod hinaus bleibende Verpflichtung.
Auch in seiner Heimat hat der verstorbene Papst deutliche Spuren seines Handelns hinterlassen. Als Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz war er maßgeblich beteiligt an den Beschlüssen der 5. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida 2007, die bis heute die pastoralen Verhältnisse Südamerikas bestimmen. Darin wird ausgehend vom Blick auf die realen Verhältnisse die vorrangige Option für die Armen und Ausgeschlossenen vorgeschlagen – eine nicht nur theologische, sondern lebenspraktisch greifbare Haltung, die uns auch im späteren Wirken von Papst Franziskus begegnet. Davon zeugen vor allem die beiden Enzykliken Lumen fidei und Laudato si` sowie das Nachsynodale Schreiben Querida Amazonia. Die dort entfalteten theologischen Impulse rufen zum Handeln auf; innerhalb und außerhalb der Kirche. Gleiches gilt für das Apostolische Schreiben Gaudete et exsultate, das eine authentische Aufforderung des Heiligen Vaters ist, voll Freude, Optimismus und Offenheit für Gottes Wort alles Mittelmaß hinter sich zu lassen und aufzubrechen. Dies, so Franziskus, sei nur im Miteinander und im Zugehen auf die Mitmenschen möglich.
Die politische Dimension dieser Haltung kam in Reden des Papstes vor Parlamenten und Regierungen zum Ausdruck. Unvergessen bleibt Franziskus Appell im Europaparlament in Straßburg zum Umgang mit den Herausforderungen der Migration: „Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird! Auf den Kähnen, die täglich an den europäischen Küsten landen, sind Männer und Frauen, die Aufnahme und Hilfe brauchen.“ Die Besuche auf Lampedusa und Lesbos haben der Welt das Flüchtlingsdrama vor Augen geführt. Die klaren und unmissverständlichen Worte waren ein besonderes Markenzeichen dieses Papstes, der die Kirche in ihrer politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmbarkeit gestärkt hat. Das wurde nicht zuletzt durch die historische Rede von Papst Franziskus anlässlich der Verleihung des Aachener Karlspreises deutlich: Zur Seele Europas gehörten, so Franziskus, die Kreativität, der Geist und die Fähigkeit, sich wieder aufzurichten und die eigenen Grenzen zu überschreiten. Ich bin dankbar, dass der Papst uns daran erinnert hat, Mauern einzureißen anstatt sie zu bauen. Sein Appell an die humanistischen Ideale der Gründerväter Europas nimmt uns auch nach seinem Tod alle in die Pflicht, daran zu arbeiten, dass Europa sich neu entfalten kann.
Papst Franziskus wurde nicht müde, die Botschaft von der Barmherzigkeit und vom Frieden in möglichst viele Teile der Welt zu tragen. Seine Reisen gingen unter anderem nach Lateinamerika, Asien und Afrika, in viele europäische Staaten, darunter die Türkei und den Kaukasus. Eine besonders schwierige Ausgangslage fand er im Heiligen Land vor. Die Bilder des gemeinsamen Friedensgebets mit dem israelischen und palästinensischen Präsidenten, zu dem Franziskus in den Vatikan eingeladen hatte, sind uns vor Augen: Zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel pflanzten sie als Zeichen des Friedens einen Olivenbaum. „Um Frieden zu schaffen, braucht es Mut“, hatte Franziskus damals gesagt – einen Mut, den er selbst auch in der Begegnung verfeindeter Gruppen immer wieder wie selbstverständlich einbrachte. Papst Franziskus führte als Brückenbauer Menschen zusammen, wo sich scheinbar unüberbrückbare Gräben auftaten. Das wurde auch beim Gebet um den Frieden in Assisi im Herbst 2016 deutlich.
In der Überwindung von Barrieren zeigte Franziskus auch mit Blick auf den ökumenischen Dialog Feingefühl und persönliche Offenheit. „Sich begegnen, gegenseitig das Gesicht sehen, einander den Friedenskuss geben, füreinander beten, sind wesentliche Dimensionen auf dem Weg zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft, die wir anstreben“, sagte Franziskus bei einer Liturgie in Istanbul. Sein mutiger Drang zur Einheit der Christen war unübersehbar. Eine Vielzahl an Treffen und Gesprächen mit Vertretern unterschiedlicher Gemeinschaften bezeugt dies. Unwiderruflich hat sich Franziskus zum ökumenischen Weg bekannt, den das Zweite Vatikanische Konzil vorgegeben hat. Das unterstrich er in besonderer Weise mit Blick auf das Reformationsgedenken 2017 und seinen Besuch im schwedischen Lund.
Dieser Wunsch nach Einheit zeigte sich auch in der steten Forderung des Papstes nach Beteiligung der Gläubigen bei Fragen, die die Kirche als Ganze betreffen. Als Katholiken denken wir zurück an seine beherzte Entscheidung zur Einberufung der Bischofssynoden zu Fragen von Ehe und Familie in den Jahren 2014 und 2015. Mit seinem Nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia öffnete Franziskus die Türen für eine anspruchsvolle Seelsorge, die uns weiter Verpflichtung sein wird, mit Menschen Wege im Umgang mit Zerbrechlichkeit zu gehen, die begleiten, unterscheiden und eingliedern und dabei die Gewissensentscheidung der Einzelnen respektieren. Aber auch die Synode zur Jugend und zum Amazonas waren wichtige Zeichen für eine Kirche, die Antworten auf die Zeichen der Zeit sucht.
Furchtlos ging Franziskus die drängenden Fragen der Gegenwart an und bewahrte stets Demut und Bescheidenheit. Als er am Gründonnerstag 2013 Strafgefangenen in einem Jugendgefängnis in Rom die Füße wusch, machte er ein liturgisches Zeichen lebensnah fassbar und zeigte sich zugleich solidarisch mit denen, die meist marginalisiert an den Rändern der Gesellschaft sind. Die Hirten der Kirche forderte Franziskus auf, es ihm gleich zu tun: „Das erbitte ich von euch: Seid Hirten mit dem ‚Geruch der Schafe‘, dass man ihn riecht –, Hirten inmitten ihrer Herde und Menschenfischer.“ Wir trauern um Franziskus, einen Hirten, dem der Geruch seiner Schafe stets anhaftete und der die Kirche visionär als „synodale Kirche“ für den weiteren Weg in die Zukunft betrachtete.
Dieser „synodalen Kirche“ haben wir uns in Deutschland mit dem Synodalen Weg angenommen. Auf diesem Weg hat uns der verstorbene Heilige Vater ermutigt und brüderlich erinnert, die Notwendigkeit der Evangelisierung in den Blick zu nehmen. In seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland schrieb Franziskus, dass es sich um einen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes handle: „Das bedeutet, sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche unter dem Licht des Heiligen Geistes, unter seiner Führung und seinem Aufrütteln, um das Hinhören zu lernen und den immer neuen Horizont zu erkennen, den er uns schenken möchte.“ Diese Worte sind weiter ein Programm, gerade mit Blick auf die von Papst Franziskus angestoßene Weltsynode: durch die Etappen in den Bistümern der Ortskirche und auf den Kontinenten hat sich so schon etwas vom neuen Miteinander, der Einbindung und so gelebter Synodalität weltweit entwickelt. Das ist der neue Stil von Partizipation, den Franziskus ins Leben gerufen hat. So hinterlässt er heute den Auftrag, uns weiter in diesem Sinne zu einer synodalen Kirche zu entwickeln.
Persönlich trauere ich um einen Papst, dem ich dankbar für das mir geschenkte Vertrauen bin, nach schwierigen Jahren mit den Gläubigen des Bistums Limburg den Weg des Glaubens und Vertrauens zu gehen und in die Zukunft aufzubrechen. Genau das ist es, was der verstorbene Papst von uns forderte: eine Kirche des Aufbruchs zu sein, die immer den Blick der Barmherzigkeit im Sinn hat.
Wir sind in dieser Stunde des Abschieds dankbar für einen Papst, der den Menschen nahe sein wollte, der Zeugnis abgelegt hat und so selbst in Kirche und Welt zum Zeugen Gottes wurde als Diener der Einheit. Franziskus hat uns ermutigt, die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu deuten. Das heißt: Wir wollen uns herausfordern lassen von den Problemen und Umbrüchen, in denen wir leben. Dazu gehört auch die Tugend der Barmherzigkeit. Franziskus hat sein Leben und sein Pontifikat unter diesen zentralen Begriff der Botschaft Jesu Christi gestellt: der Mensch bedarf der Barmherzigkeit Gottes. Das hat er mit dem Außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit 2015/2016 unterstrichen, zu dem er schrieb: „Der Tragebalken, der das Leben der Kirche stützt, ist die Barmherzigkeit.“ Dieser Gedanke wird uns auch im Heiligen Jahr begleiten, das Papst Franziskus unter das Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gestellt hat. Jetzt begleiten wir den Pilger im Gebet.
Viele Begegnungen beendete der verstorbene Papst mit der Bitte um das Gebet für ihn. Jetzt, nach seinem Tod, wollen wir ein weiteres Mal ganz besonders seiner Bitte entsprechen und uns mit ihm im Gebet verbinden. Franziskus lebte von seinem Gottvertrauen, auch im Angesicht des Todes: „Es ist wie ein Eintauchen in ein Meer, wo wir nicht wissen, was auf uns zukommen wird. Es gibt aber keine größere Freiheit, als sich vom Heiligen Geist tragen zu lassen, darauf zu verzichten, alles berechnen und kontrollieren zu wollen, und zu erlauben, dass er uns erleuchtet, uns führt und uns treibt, wohin er will.“
Von tiefer Dankbarkeit für ein fruchtbares Pontifikat erfüllt, nehmen wir Abschied von unserem verehrten und geliebten Papst Franziskus. Sein Erbe und Auftrag bleiben in unseren Herzen lebendig. Gott, der Herr über Leben und Tod ist, schenke seinem Diener Papst Franziskus das ewige Leben und ewige Freude. Wir beten für den Verstorbenen und empfehlen ihn der Barmherzigkeit Gottes. (dbk)
Requiem am Samstag, 26. April
Mittlerweile ist der Leichnam von Papst Franziskus in die Kapelle Santa Marta gebracht worden. Der offene Sarg wird morgen dann in den Petersdom überführt, wo dann Gläubige Gelegenheit haben, Abschied zu nehmen von Franziskus. Das Requiem wird am Samstag, 26. April, um 10 Uhr auf dem Petersplatz gefeiert. Beigesetzt wird Papst Franziskus auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin in der Basilika Santa Maria Maggiore. Die Kirche suchte er traditionell auch vor und nach seinen Auslandsreisen auf. Auch nach seinem Klinikaufenthalt ließ er sich zuerst nach Santa Maria Maggiore fahren und dort Blumen niederlegen, die er zuvor geschenkt bekommen hatte. Zuletzt besuchte er die Basilika am Palmsonntag. Das Requiem wird auf Vatican News und vielen weiteren Sendern übertragen.
Hildegard Mathies