Für eine gerechtere Welt: 25 Jahre „Kölner Kette“ zur Entschuldung des globalen Südens – Stadtdechant Kleine feierte Friedensandacht im Dom

10. Juni 2024; ksd

 

UPDATE:

 

„Wir sind uns selbst die Nächsten“

25 Jahre „Kölner Kette“: Was ist geblieben von der Entschuldungs-Kampagne?

 

Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass rund 35.000 Menschen eine Menschenkette um den Kölner Dom und die Innenstadt bildeten. Angeführt von den irischen Eine-Welt-Aktivisten und Rockstars BONO und Bob Geldof setzten sie sich für eine Entschuldung der armen Länder des Globalen Südens ein. Rund 17 Millionen Unterschriften übergab BONO gemeinsam mit Kampagnen-Gründerin Ann Pettifor aus Großbritannien, Kardinal Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga aus Honduras sowie vielen Unterstützerinnen und Unterstützern an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Er war Gastgeber des in der Domstadt tagenden G8-Gipfels, an den sich die Forderungen für einen fairen, vollkommenen Schuldenerlass richteten. Zudem setzte sich das internationale Bündnis für gerechte und geordnete Staaten-Insolvenzverfahren ein – eine Forderung, die jetzt in Köln erneuert wurde.

Am Ende zählte die Kampagne im Jahr 1999 mehr als 21 Millionen Unterzeichnende aus vielen Ländern der Erde. Was ist 25 Jahre nach der „Kölner Kette“ von der Aufbruchstimmung dieser Zeit geblieben? Dieser Frage ging ein Aktionstag der Erlassjahr.de-Kampagne nach, der Mitte Juni am und im DOMFORUM stattfand. Mit dabei: die damalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Zum Auftakt hatte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine das Friedensgebet am Mittag im Kölner Dom ganz im Zeichen der Erinnerung an die Erlassjahr-Kampagne gefeiert.

„Praktisch gar nichts“ sei passiert, nachdem damals fast 40 Ländern Schulden in einer Gesamthöhe von rund 70 Milliarden US-Dollar erlassen worden waren, kritisierte Kristina Rehbein, Geschäftsführerin und Politische Koordinatorin von Erlassjahr.de, auf dem Podium im DOMFORUM. Der Internationale Währungsfonds habe damals geglaubt, dass mit der Initiative „Schuldenkrisen ein für alle Mal Geschichte“ seien. „Und so ist das Schuldenthema eine sehr lange Zeit behandelt worden“, sagte Rehbein.


„Das verzwergt uns“


Die Welt sei heute in einer ähnlichen Situation wie in der Schuldenkrise der 1980er- und 1990er-Jahre. Und nicht nur das: „Wir haben ein deutlich größeres Problem, weil nicht nur ein bestimmter Kontinent oder eine bestimmte Einkommensgruppe betroffen ist“, so Rehbein. Der jüngste Schuldenreport von Erlassjahr.de und Misereor verzeichnet 132 „mindestens leicht kritisch“ verschuldete Länder. Mehr als die Hälfte der 152 untersuchten Länder befinde sich bereits in einer kritischen oder sehr kritischen Verschuldungssituation.

„Es ist heute noch dringlicher zu handeln als damals“, machte Wieczorek-Zeul deutlich. In den betroffenen Ländern könne nichts für die Zukunft investiert werden, nichts in Bildung oder Gesundheit. „Wir können die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die Klimaziele nur erreichen, wenn man die Schulden entsprechend erlässt“, betonte die frühere Bundesentwicklungsministerin.

Aus ihrer Sicht wäre dies die dringlichste Aufgabe einer weitsichtigen Politik. Stattdessen sei Politik vielerorts „in nationales, wenn nicht nationalistisches Denken“ zurückgefallen. „Wir sind uns selbst die Nächsten“, kritisierte Wieczorek-Zeul. „Das ist gefährlich und falsch, und dem müssen wir entgegentreten.“ Die Argumentation des deutschen Finanzministers Christian Lindner (FDP), man müsse sich um die eigenen Sorgen kümmern, „verzwergt uns“, so die Politikerin.

 

Strukturelle Veränderungen notwendig

 

Damals seien die sogenannten Strukturanpassungsprogramme überwunden worden, erinnerte Wieczorek-Zeul – „nicht ausreichend, aber immerhin“. Und weiter: „Das waren Programme, die den Armen noch mehr Sparen auferlegt haben. Das wäre einfach katastrophal gewesen.“ Dies sei durchbrochen worden und es sei zudem wichtig, dass es damals weltweit ähnliche Kampagnen gab. „Als Entwicklungsministerin habe ich Länder besucht, Familien, die gezeigt haben, wie sie das vor Ort umgesetzt haben, wie viele Kinder in die Schule gehen konnten. Und diese Entschuldung oder den Ausgleich in Gesundheit und Bildung zu investieren – gegen HIV/Aids zum Beispiel – das war wichtig“ , so die frühere Bundesministerin.

Der langjährige Koordinator des deutschen Kampagnenzweiges, Jürgen Kaiser, machte deutlich, dass es der Erlassjahr-Kampagne von Anfang an auch um strukturelle Veränderungen ging. Die Kernfrage: „ Jemand, dem man die Schulden erlässt – was macht der am nächsten Tag? Nimmt der wieder neue Kredite auf? Oder was passiert dann?“ Mit Blick auf diese Fragen habe daher schon seit der Gründung des deutschen Bündnisses 1997 in Wuppertal die Forderung nach einer anderen Beziehung zwischen Schuldnern und Gläubigern im Mittelpunkt gestanden, so Kaiser. Schon damals setzte sich die Kampagne für Staaten-Insolvenzverfahren ein. Das Ziel damals: „Dass verschuldete Länder nicht mehr im Pariser Club, einem informellen Forum der wichtigsten Gläubigerländer, antanzen müssen und dann gut oder schlecht behandelt werden, sondern dass – wie es sich eigentlich für einen Rechtsstaat gehört – eine unabhängige Instanz auf einer unabhängigen Grundlage darüber entscheidet, ob Schuldenerlasse ausgesprochen werden müssen oder nicht.“


Schiffe voller Jugendliche kamen nach Köln


Auch Sigrid Stapel, Referentin für entwicklungspolitische Bildungsarbeit und Kampagnen bei Kolping International, war Gast auf dem Podium. Sie arbeitete damals beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend und erinnerte sich daran, wie viele Jugendverbände aus der katholischen und aus der evangelischen Kirche sich an der Erlassjahr-Kampagne 1999 beteiligten. Sogar Schiffe voller engagierter Jugendlicher seien damals von Koblenz nach Köln gefahren. „Das alles war wirklich gelungen, und das ist auch der Grund, warum wir als Kolping International uns weiterhin in der Erlassjahr-Kampagne einbringen“, so Stapel. „Entwicklungszusammenarbeit ist wirklich sehr wichtig. Aber wenn sich an bestimmten Strukturen nichts ändert, dann ist das nur eine kleine Hilfe, aber nicht nachhaltig.“

„Die Wurzeln der Schuldenkrise liegen in den ungerechten Strukturen der internationalen Finanzarchitektur, in denen Gläubigerinteressen dominieren und Schuldnerstaaten kaum Mitspracherecht haben“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung zu „25 Jahre Kölner Kette“. „ Deshalb fordert die Entschuldungsbewegung die Schaffung eines Staaten-Insolvenzverfahrens. Damit würde überschuldeten Staaten endlich das Recht zugestanden, unter fairen und transparenten Bedingungen über ihre Schulden zu verhandeln.“

 

4. Internationale Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Spanien

 

Es sei wahrnehmbar, dass Schuldnerländer sich heute stärker einbringen als früher, so Kristina Rehbein. Sie machen eigene, konkrete Vorschläge und setzen sich für Strukturveränderungen ein, die Konflikte und Probleme zwischen Schuldnern und Gläubigern lösen können.

Im kommenden Jahr findet vom 30. Juni bis 3. Juli die vierte internationale Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Spanien statt. „Viele Schuldnerländer fordern, dass wir die früheren wie auch die bestehenden Schuldenprozesse evaluieren“, so die Geschäftsführerin der Erlassjahr-Kampagne. Vieles funktioniere nicht und dies müsse anerkannt werden. Es gelte, „an solchen Stellen anzusetzen und vor allem auch rechtsstaatlich zu schauen, was sich ändern muss“, betonte Rehbein.

 

„Füreinander Schwestern und Brüder sein“

 

Zu Beginn des Aktionstages hatte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine das Friedensgebet um 12 Uhr mittags im Kölner Dom im Zeichen der Erlassjahr-Kampagne gefeiert. Papst Franziskus rufe unermüdlich dazu auf, „gerade die Armen im Blick zu halten“ den Ländern Afrikas, Lateinamerikas sowie den Ländern im Nahen und Fernen Osten eine Chance zu geben, erinnerte Kleine zu Beginn. Jeder Fünfte lebe aktuell in einem Land, das in eine Schuldenkrise zu geraten drohe. Rund 70 Millionen Menschen weltweit seien von extremer Armut betroffen. Weitere 16 Millionen könnten hinzu kommen, wenn 13 der gefährdetsten afrikanischen Staaten auch eine akute Schuldenkrise drohe. 21 von 36 Ländern, die auf dieser Schwelle stehen und kippen, befinden sich auf dem afrikanischen Kontinent, erläuterte der Stadt- und Domdechant.

Es sei „ein wunderschönes Bild für die Gemeinschaft, die wir als Christinnen und Christen haben und wo es heißt einzustehen für die Welt, wenn wir auf die Heiligen Drei Könige schauen“, so Kleine vor dem Altar der Stadtpatrone von Stefan Lochner im Kölner Dom. Die drei Sterndeuter symbolisieren nicht nur die drei Lebensalter, sondern auch die damals bekannten Erdteile. „Alle Menschen sind eingeladen, Gott zu suchen und zu finden – und so finde ich ihn vor allem im Nächsten“, betonte der Stadtdechant. Alle seien aufgerufen, füreinander Schwestern und Brüder sein. Jede und jeder sei aufgefordert, sich zu fragen: „Was können wir tun für ein gutes, gerechtes Miteinander“, jenseits der Politik, jenseits von G7-, G8- und anderen Gipfeln. „Was können wir tun, dass es in unserer Welt, da, wo wir leben, wohnen und arbeiten, gerechter zugeht?“ Nur wenn allen Menschen ein gutes Leben ermöglicht werde, „hat die Welt eine Zukunft“, sagte Kleine.

 

„Die Armen haben noch viel zu lehren“

 

Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, das Bekämpfen von Armut – davon hat auch Papst Franziskus gerade im Hinblick auf internationale Vereinbarungen gesprochen, so der Stadtdechant. Der Papst fordere Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern, denn wirtschaftliche, finanzielle und soziale Auswirkungen auf Frieden, auf das Miteinander der Völker können korrigiert werden, wenn wirtschaftliche, finanzielle und soziale Herausforderungen in Ländern des globalen Südens gemindert werden.

Papst Franziskus habe sich konkret für einen Schuldenerlass oder wenigstens eine Schuldenreduktion eingesetzt, die armen Ländern im Heiligen Jahr 2025 zugutekommen sollen. In seiner Botschaft für den nächsten „Welttag der Armen“ im November habe der Papst gefordert, dass Christinnen und Christen „nicht zurückweichen“ dürften vor der „schlechten, mit Waffen gemachten Politik“, die so viele „neue Arme“ verursache und „unschuldige Opfer“ fordere. „Natürlich leben wir Christen aus Gebet und Nächstenliebe, aber es muss eben auch konkrete Taten geben.“

Kleine zitierte aus Franziskus' Schreiben: „Die Armen haben noch viel zu lehren, denn in einer Kultur, die den Reichtum an die erste Stelle gesetzt hat und die Würde der Menschen oft auf dem Altar der materiellen Güter opfert, rudern sie gegen den Strom und weisen darauf hin, dass das Wesentliche im Leben etwas ganz anderes ist. Wir sind aufgerufen, in allen Lebenslagen Freunde der Armen zu sein und in die Fußstapfen Jesu zu treten, der der Erste war, der sich mit den Letzten solidarisierte.“

Es gehe darum, dass Menschen ihr Leben selbstständig gestalten können, sagte Kleine. Auch in der Stadt Köln wollen die Kirchen mit ihren sozialen Diensten, Caritas und Diakonie, sowie mit ihren Seelsorgerinnen und Seelsorgern an der Seite der Menschen stehen. „Unser aller Ziel als Christinnen und Christen muss es sein, sich einzusetzen für eine gerechtere, eine gerechte Welt“, so Stadtchant Msgr. Robert Kleine.

 

Autorin: Hildegard Mathies

 

Infos zur aktuellen Kampagne von erlassjahr.de „Mit Schulden fair verfahren“ gibt es hier.

 

www.erlassjahr.de

 

Einen Beitrag von DOMRADIO.DE können Sie hier abrufen.

  

Köln (ksd). Rund 35.000 Menschen aus vielen Ländern bildeten am 19. Juni 1999 eine Menschenkette rund um den Kölner Dom und die Innenstadt. Am Rande des damals in der Domstadt tagenden G8-Gipfels übergab Eine-Welt-Aktivist und Rockstar BONO von U2 gemeinsam mit Kampagnen-Gründerin Ann Pettifor und vielen Unterstützer*innen rund 21 Millionen Unterschriften an den damaligen Bundeskanzler und Gipfelgastgeber Gerhard Schröder. Ihre Forderung: die bedingungslose Entschuldung der armen Länder des Südens und die Einführung nachhaltiger und fairer Verfahren zur Lösung von Schuldenkrisen. An dieses Ereignis erinnert am Dienstag, 18. Juni, ein Aktionstag des deutschen Kampagnenzweiges erlassjahr.de, bei dem ab 17.30 Uhr eine neue Menschenkette um den Dom gebildet wird. Zum Auftakt feiert Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine das traditionelle Friedensgebet um 12 Uhr im Kölner Dom im Zeichen der Entschuldungskampagne. DOMRADIO.DE überträgt live.

„Wenn wir heute auf die Weltlage schauen, dann scheint von den damals erreichten, letztlich auch nur zaghaften Fortschritten und der Hoffnung auf globale Lösungen nicht mehr viel übrig zu sein“, sagt Stadtdechant Kleine. Jeder Fünfte lebt gegenwärtig in einem Land, das in eine akute Schuldenkrise zu geraten droht – oder bereits mittendrin steckt. Rund 70 Millionen Menschen weltweit sind von extremer Armut betroffen. Weitere 16 Millionen könnten hinzu kommen, wenn 13 der gefährdetsten afrikanischen Staaten in nächster Zukunft in eine akute Schuldenkrise geraten. 21 von 36 Ländern, die auf dieser Schwelle stehen, befinden sich auf dem afrikanischen Kontinent.

 

Papst Franziskus fordert multinationale Lösung der Schuldenkrise im globalen Süden

 

Die Corona-Pandemie, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und viele andere Krisen haben in vielen Ländern positive Entwicklungen gestoppt. In anderen Ländern wurden Abwärtsspiralen und Negativtrends beschleunigt. „Als Christen und Christinnen ist es unsere feste Überzeugung, dass die Menschheit in Gerechtigkeit und Gleichberechtigung friedlich miteinander leben sollte. Nur wenn allen Menschen ein gutes Leben ermöglicht wird, hat die Welt eine Zukunft“, so Kleine. Dazu bedürfe es konkreter Schritte und internationaler Vereinbarungen, wie sie auch Papst Franziskus jüngst erneut gefordert habe.

Franziskus, der am heutigen Freitag (14. Juni) als erster Papst der Geschichte auf einem Gipfel der G7-Staaten spricht, hatte Anfang Juni bei der Begegnung mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung  „Schuldenkrise im globalen Süden“ im Vatikan unter anderem einen „multinationalen Mechanismus“ gefordert, der auf Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern beruhe und der die globale Bedeutung des Problems sowie seine wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Auswirkungen berücksichtige. Konkret setzt er sich für einen Schuldenerlass oder mindestens eine Schuldenreduktion für arme Länder im Heiligen Jahr 2025 ein.

 

„In allen Lebenslagen Freunde der Armen sein“

 

Das katholische Kirchenoberhaupt bekräftigte einen Tag vor seiner Rede beim G7-Gipfel in seiner Botschaft für den nächsten „Welttag der Armen“ im November, dass Christinnen und Christen „nicht zurückweichen“ dürften vor der „schlechten, mit Waffen gemachten Politik“, die so viele „neue Arme“ verursache und „unschuldige Opfer“ fordere. Gebet und Nächstenliebe müssten sich in konkreten Taten äußern, so der Papst. „Die Armen haben noch viel zu lehren, denn in einer Kultur, die den Reichtum an die erste Stelle gesetzt hat und die Würde der Menschen oft auf dem Altar der materiellen Güter opfert, rudern sie gegen den Strom und weisen darauf hin, dass das Wesentliche im Leben etwas ganz anderes ist“, betonte Franziskus. „Wir sind aufgerufen, in allen Lebenslagen Freunde der Armen zu sein und in die Fußstapfen Jesu zu treten, der der Erste war, der sich mit den Letzten solidarisierte.“

 

„Politik, Wirtschaft und Religionsgemeinschaften gefordert“

 

Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, der auch Vorsitzender des Caritasrates in der Domstadt ist, verweist auf die globalen Zusammenhänge: „Alles hängt mit allem zusammen. Die globalen Krisen haben auch Auswirkungen auf die Menschen in unserer Stadt. Auch in Köln sind nach den jüngsten Erhebungen der Stadt rund ein Viertel aller Haushalte von Armut bedroht, zu viele sind bereits konkret betroffen. Es ist an uns allen, uns mit allen Mitteln und Technologien dafür einzusetzen, dass jede Form extremer Armut und ihre Folgen überwunden werden. Und dafür, dass Menschen mit einem guten Ein- und Auskommen leben und ihr Leben selbstständig gestalten können. Die Entscheider und Entscheiderinnen in Politik und Wirtschaft sind dabei besonders gefordert – und wir in den Kirchen und Religionsgemeinschaften mit ihnen. Mit unseren sozialen Diensten von Caritas und Diakonie sowie als Seelsorgerinnen und Seelsorger stehen wir an der Seite der Menschen. Unser aller Ziel muss eine gerechtere, eine gerechte Welt sein.“

 

Autorin: Hildegard Mathies

 

Zum 25. Jahrestag der „Kölner Kette“ haben die Veranstalter des Aktionstages

  

Aktionstag „25 Jahre Kölner Kette – 25 Jahre Einsatz für faire Entschuldung“ am 18. Juni

 

Im Juni 1999 bildeten rund 35.000 Menschen aus Anlass des G8-Gipfels eine Menschenkette rund um die Kölner Innenstadt. Die Erlassjahr-Kampagne forderte die Streichung der Schulden der Länder im Globalen Süden. Mit dabei: prominente Aktivisten wie die beiden Rockstars und späteren Gründer der Organisationen DATA (Debt, Aids, Trade, Africa) und ONE, Bob Geldof und U2-Sänger BONO. 25 Jahre später wird es im Rahmen eines Aktionstages am Dienstag, 18. Juni, erneut eine „Kölner Kette“ geben. Zum Auftakt des Aktionstages feiert Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine um 12 Uhr im Kölner Dom die Friedensandacht im Zeichen der Erlass- beziehungsweise Entschuldungskampagne.

Dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder wurden als Gastgeber rund 20 Millionen Unterschriften übergeben, mit denen sich Menschen für den Schuldenerlass einsetzten. Die damalige Kampagne beschreibt erlassjahr.de in einer Pressemitteilung zum Aktionstag 2024 als „Erfolg“, ergänzt aber: „Doch der damalige Schuldenerlass ging nicht mit nachhaltigen Reformen einher. Heute ist der Einsatz für faire Entschuldung angesichts der weltweiten Schuldenkrise dringender denn je.“ (ksd/elj)

 

Stellungnahme fordert Bundesregierung auf, sich für ein Staateninsolvenzverfahren einzusetzen

 

Mit einem gemeinsamen Statement setzen sich erlassjahr.de und die Kooperationspartner des Aktionstages dafür ein, dass die Bundesregierung für ein Staateninsolvenzverfahren eintritt. Im Wortlaut:

 

Im Juni 1999 bildeten 35.000 Menschen eine Menschenkette rund um die Kölner Innenstadt Sie forderten Schuldenstreichungen für die am höchsten verschuldeten Länder der Welt. Mit Erfolg: Beim G8-Gipfel, der zeitgleich in Köln tagte, wurde eine weitreichende Entschuldung beschlossen.

Heute, 25 Jahre nach der „Kölner Kette“, ist der Einsatz für faire Entschuldung wieder gefragt. Denn mehr als die Hälfte der Staaten im Globalen Süden ist kritisch oder sehr kritisch verschuldet. 2024 müssen sie so viel Schuldendienst wie noch nie an ihre Gläubiger im Ausland zahlen: Insgesamt mehr als eine Milliarde US-Dollar pro Tag. Dieses Geld fehlt für Investitionen in Gesundheit, Bildung und Armutsbekämpfung oder für Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels. Ohne umfassende Schuldenstreichungen können die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung nicht erreicht werden.

Faktoren wie die Corona-Pandemie oder die Klimakatastrophe haben die Schuldenkrise in den letzten Jahren verschärft. Doch die Wurzeln der Schuldenkrise liegen in den ungerechten Strukturen der internationalen Finanzarchitektur, in denen Gläubigerinteressen dominieren und Schuldnerstaaten kaum Mitspracherecht haben. Deshalb fordert die Entschuldungsbewegung die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens. Damit würde überschuldeten Staaten endlich das Recht zugestanden, unter fairen und transparenten Bedingungen über ihre Schulden zu verhandeln.

Auch die Bundesregierung hat das Problem erkannt und sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, sich für ein solches Verfahren einzusetzen. Passiert ist jedoch viel zu wenig. Mit unserem Aktionstag fordern wir deshalb von der Bundesregierung: Gehen Sie konkrete Schritte zur Umsetzung dieses Versprechens noch in dieser Legislaturperiode! Machen Sie faire Entschuldung möglich!

Tausende Menschen bundesweit haben diese Forderung bereits per Aktionspostkarte unterzeichnet. Wir laden alle ein, sich anzuschließen und sich gemeinsam mit uns für faire Entschuldung einzusetzen – in Köln und darüber hinaus!

 

Unterzeichnet von

erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V. mit seinen mehr als 500 Mitträgerorganisationen bundesweit

 

und den Kölner Partner*innen der Aktion:

 

Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Köln

DOMFORUM

Friedensbildungswerk e. V.

Katholisches Bildungswerk Köln

KOLPING INTERNATIONAL

Kolpingwerk Deutschland

Kolpingwerk Diözesanverband Köln

philippinenbüro e.V. im Asienhaus

 

Aktionstag-Programm

 

Das Friedensgebet mit Stadtdechant Msgr. Robert Kleine findet am Dienstag, 18. Juni, um 12 Uhr im Kölner Dom statt.

 

Ab 16.30 Uhr gibt es auf dem Kardinal-Höffner-Platz vorm DOMFORUM eine Kundgebung mit Bühnenprogramm. Eine Menschenkette vor dem Kölner Dom ist ab 17.30 Uhr geplant. Um 18 Uhr wird zu „ Gesprächen und Getränken“ ins DOMFORUM eingeladen,

  

Podium im DOMFORUM mit der früheren Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

 

Ab 19 Uhr findet im DOMFORUM die Abendveranstaltung „Engagement verbindet: 25 Jahre Kölner Kette, 25 Jahre Einsatz für faire Entschuldung“ statt. Daran nehmen unter anderem die frühere Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sowie der langjährige Koordinator des Bündnisses erlassjahr.de, Jürgen Kaiser, und Engaggierte teil.

 

Hintergrund

 

Mit dem Aktionstag am Dienstag, 18. Juni, wird an die „Kölner Kette“ als Meilenstein der globalen Entschuldungsbewegung erinnert. Die Initiatoren erneuern die Forderung nach fairer Entschuldung an die Bundesregierung. Der Aktionstag ist Teil der Kampagne „Mit Schulden fair verfahren!“, mit der erlassjahr.de die Bundesregierung auffordert, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens zu unterstützen. Der Aktionstag findet in Kooperation mit dem DOMFORUM und dem Katholischen Bildungswerk statt und wird unterstützt von weiteren Kölner Organisationen.

 

www.erlassjahr.de

 

Hier lesen Sie ein Interview mit Rainer Tüschenbönner, Leiter des DOMFORUMs und des Katholischen Bildungswerks Köln, mit DOMRADIO.DE

 

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