Friedensgebet der Partnerstädte zur Dreikönigswallfahrt: „Im Kleinen Frieden halten für den großen Frieden in der Welt“

28. September 2024; ksd

 

Köln. „Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft. Jeder Mantel, im Blut gewälzt, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Die große Herrschaft und der Friede sind ohne Ende“: Mit diesen Worten aus dem biblischen Buch des Propheten Jesaja machte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine deutlich, worum es beim Friedensgebet der Vereine der Städtepartnerschaften geht: um das Miteinander trotz aller Unterschiede zwischen Nationen, Kulturen und Religionen. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von fast 20 Vereinen feierte Kleine den traditionellen mittäglichen Gottesdienst im Rahmen der Dreikönigswallfahrt im Kölner Dom. Mit dabei waren Menschen aus oder in Vertretung für Spanien und Katalonien, Italien, Frankreich, Großbritannien, Irland, den USA, der Türkei, Israel, Polen sowie anderen Ländern. Und auch aus der Ukraine und aus Russland.

Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal den berühmt gewordenen Satz geprägt: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, erinnerte Kleine. Der Stadtdechant hielt dem entgegen: „Aber Visionen sind eigentlich eine Suche. Visionen sind dazu da, damit wir ein Ziel haben, auf das hin wir leben und arbeiten.“ Und dieses Ziel hat viele Namen, aber immer die gleiche Bedeutung: „Friede – Salām – Shalom – Peace – Pace ist das, was wir in dieser Stunde erbeten“, so Kleine. „Wir beten für den Frieden in einer so friedlosen Welt. Die großen Konflikte im Nahen Osten, der Angriffskrieg auf die Ukraine, so viele Kriege, Bürgerkriege und Konflikte, die wir manchmal gar nicht mehr im Blick haben, weil sie gar nicht mehr den Weg in unsere Nachrichten finden.“

 

Immer größere Kriege, immer mehr Opfer

 

Jahrzehntelang hat Deutschland im Frieden gelebt, waren Kriege weit weg, erinnerte der Stadtdechant. Doch nicht erst seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine ist der Krieg in Europa näher und nah. Auch die Kriege und kriegerischen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, im Kosovo und in anderen europäischen Ländern haben uns den Krieg und das Leiden der Menschen immer nähergebracht. „ Und es werden immer mehr und immer größere Kriege“, so Kleine. Es gebe immer mehr Opfer in unserer Zeit. „Denken wir an den Angriffskrieg auf die Ukraine. Denken wir an den Angriff der Hamas auf Israel und daraus resultierend die Militärschläge Israels in Gaza, die Angriffe der Hisbollah, die Gegenreaktionen, die Angriffe… Immer sind es Unschuldige, zu viele, viel zu viele Unschuldige, Kinder und Kranke und Alte, die diesen Kriegen zum Opfer fallen.“

Gewalt provoziere immer Gegengewalt. Nur Frieden könne den Menschen helfen, betonte der Stadtdechant. „Unser Anliegen kann es nur sein zu beten, dass die Verantwortlichen für die Kriege zu Verhandlungen kommen“, so Kleine. „Dass sie erkennen, dass ihr Treiben mörderisch ist. Dass sie Nationen und Ländern Souveränität schenken. Und dass es den Versuch gibt, im Miteinander zu leben.“

 

„Mache uns zu Werkzeugen deines Friedens“

 

Nach dem großen Flächenbrand des Zweiten Weltkriegs, der vom deutschen Nazi-Regime ausging, habe man geglaubt, dass die Menschen in aller Welt aus all dem Grauen und Leid Lehren gezogen hätten. Doch die Realität ist: „Unfriede herrscht auf der Erde.“ Frieden sei nur dann möglich, „wenn man mit dem zufrieden ist, was man hat. Dass man nicht mehr haben will, denn so begannen meistens die Kriege in der Welt“, erinnerte der Stadtdechant.

Im Vertrauen darauf, „dass es einen Gott gibt, der uns begleitet“, betete Kleine, „bitten wir um Frieden, für die Nahen und die Fernen, um Frieden in den Herzen, Frieden in allen Zeiten. Wir bitten um Frieden zwischen den Religionen und Kulturen, den Ländern und Nationen. Und wir bitten um Frieden für die Schöpfung, die seufzt. Zeige allen, wer du in Wahrheit bist. Mache uns zu Werkzeugen deines Friedens.“

 

„Alles verbindet sich in dem einen Gebet“

 

Das Friedensgebet der Vereine der Städtepartnerschaften international, multikulturell und interreligiös, so der Stadtdechant. Es sei „gut und wichtig, dass wir im Kleinen versuchen, Frieden zu halten“, ermutigte Keine die Mitfeiernden. Manchmal sei man versucht zu sagen: „Was sollen wir denn ändern an denen, die die Macht haben, in Moskau und anderen Städten?“ Aber: „Wir können uns im Kleinen für Frieden einsetzen und wir können um den Frieden beten, jeder in seiner Religion, jeder in seinem Glauben.“

Gemeinsam beteten alle in ihrer Sprache oder der Sprache derer, die sie vertraten, für den Frieden und legten etwas Weihrauch in ein Weihrauchfass vor dem Altar. Kleine zitierte Es heißt in Psalm 141: „Wie Weihrauch zum Himmel steigen unsere Gebete zu Gott.“ In diesem Weihrauch, der im Kölner Dom hoch aufstieg, „verbinden wir uns“, betonte der Stadtdechant, „dann weiß man nicht mehr, wer hat jetzt aus Wolgograd oder aus Bethlehem, aus Turin oder Liverpool seinen Weihrauch dazugetan. Alles verbindet sich in dem einen Gebet, in dem einen Weihrauch“.

 

Ein Zeichen der Gemeinschaft und der Verbundenheit geht von Köln aus

 

„Was für ein Bild!“, sagte der Stadtdechant, als alle Vertreterinnen und Vertreter der Städtepartnerschaften zum Schluss gemeinsam vor dem Altar standen. „Aus unterschiedlichsten Nationen und Kulturen. In unterschiedlichen Sprachen haben wir das Gebet gehört. Das ist das eine, die sehnsuchtsvolle Bitte um Frieden und die Bereitschaft, selber zum Frieden beizutragen. Ich finde es wunderbar, dass von unserer Stadt ein solches Zeichen der Gemeinschaft, der Verbundenheit und auch des Friedens ausgeht in dieser Stunde!“

Mit Bezug auf den Stern von Bethlehem, der auf der Spitze des Vierungsturms vom Dom aus die Botschaft und Verheißung der Geburt und Erlösung Jesu Christi in die Welt hinausstrahlt, sagte Kleine: „Das ist dann auch so etwas wie ein Stern, der über uns strahlt, ein Stern, der uns verbindet, egal in welchem Glauben, in welcher Weltanschauung, in welcher Sprache, Nationalität, Kultur wir aufgewachsen sind und leben. Diese gemeinsame Bitte um Frieden hat uns an diesem Tag verbunden.“

 

„Dass da keine Mäntel mehr sind von Soldaten, keine Stiefel, die marschieren“

 

Bevor die Mitfeiernden gemeinsam mit dem Stadtdechanten den alten Pilgerweg im Kölner Dom gingen und dann unter dem Dreikönigenschrein hergingen, betete Kleine, betete Kleine: „Schenke der Menschheitsfamilie deinen Frieden. Lass uns im Frieden geborgen sein, so wie es auch im Gebet der Vereinten Nationen heißt: Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Nationalität, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen Mensch tragen.“

Wie hatte Stadtdechant Msgr. Robert Kleine zu Beginn mit Blick auf Jesaja gesagt: „Eine wahrhafte Vision. Dass da keine Mäntel mehr sind von Soldaten, keine Stiefel, die marschieren, sondern dass es am Ende einen immerwährenden Frieden gibt.“

 

Hildegard Mathies

 

Der Gottesdienst wurde live übertragen von DOMRADIO.DE und ist in der Mediathek abrufbar.

 

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