Dreikönigswallfahrt: Warum „et Bedde sich lohne däät“: Ökumenischer Gottesdienst über die Kraft des Gebets

28. September 2024; ksd

 

Köln. „Ich habe immer sehr angestrengt hingehört, ob Gott auch zu mir spricht. Und nicht nur ich zu Gott. Und meistens war ich verzweifelt, weil das mit der Kommunikation nicht ganz so gut geklappt hat wie bei anderen.“ Pfarrerin Dr. Dorotha Ugi von der Lutherkirche in Köln-Nippes erzählt offen von ihrem Aufwachsen in einer charismatischen Gemeinde in Süddeutschland und von den Schwierigkeiten, die sie am Ende „als Frau, als queere Person“ in dieser Gemeinschaft und mit ihrer Art zu beten hatte. „Wenn ich heute bete, versuche ich nicht, Gott zu meinem Vorteil zu beeinflussen. Gott davon zu überzeugen, wie es gut für mich und die Welt wäre. Ich sitze. Und atme. Ohne Erwartungen. Ich öffne mich. Und sage nichts. Lasse die Worte, die in meinem Inneren auftauchen weiterziehen, wie eine Wolke. Ich öffne mich dem Universum, das wir Gott nennen. Und wenn es so kommt, werde ich berührt. In meinem Innersten. Lasse mich tragen vom Universum wie der Boden mich trägt. Lasse mich frei im Himmel wiegen, der mich hier und jetzt umgibt. Wenn ich dann wieder aufstehe und in die Welt hinausgehe, dann weiß ich dass ich nicht alleine bin, dass ich da sein darf und geliebt bin. Anders als das früher war. Einfach so. Und ich weiß, dass alle anderen genauso geliebt sind.“

Ugi ist eine von drei geistlichen Frauen, die einen Impuls geben im ökumenischen Gottesdienst zur Dreikönigswallfahrt. Traditionell lädt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Köln am Freitagnachmittag während der Wallfahrt zu diesem Gottesdienst im Zeichen des Kölner Ökumene-Kreuzes in den Kölner Dom ein. In diesem Jahr stand er unter dem Leitwort „Wenn et Bedde sich lohne däät – Die Kraft des Gebets“. Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Pfarrerin Franziska Boury feierten diesen Gottesdienst mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Religionen.

 

„Gemeinsam unterwegs zu dem einen Ziel“

 

Am 702. Weihetag des Domes feiere man die „Einheit in der Vielfalt“, so Kleine zu Beginn am Dreikönigenschrein. „Ich finde es immer wieder fantastisch, wenn wir auf die Erzählung der Heiligen Drei Könige schauen, deren Reliquien wir hier seit Jahrhunderten in diesem Dom verehren. Sie waren gemeinsam unterwegs – ein schönes Bild für die Ökumene. Gemeinsam unterwegs zu sein zu dem einen Ziel, zu dem einen Herrn, unserem Herrn Jesus Christus, den die Könige, die Weisen aus dem Morgenland, als den Messias erkannt und mit ihren Gaben beschenkt haben. Wir beschenken uns in dieser Stunde mit dem gemeinsamen Gebet.“

Pfarrerin Franziska Boury sagte: „Schön, dass Sie mit uns zum Gebet hier zusammen sind. Gebet, begleitet durch Musik, Gebet, begleitet durch Gebärden. Gebet, begleitet durch Gedanken im Herzen und durch Wort. Wir freuen uns, dass wir hier bei der Dreikönigswallfahrt als ökumenische Gruppe Gottesdienst feiern können und so miteinander hören, dass in den Worten, Gedanken, Bewegungen Gott ganz nah bei uns ist.“ Erstmals wurde der Gottesdienst, der live von DOMRADIO.DE übertragen wurde, in Gebärdensprache übersetzt.

 

„Beten – sich aufhalten bei Jesus, wie bei einem Freund“

 

Im Zentrum der Feier standen neben dem titelgebenden BAP-Lied „Wenn et Bedde sich lohne däät – Wenn das Beten sich lohnen würde“, das von Organist Matthias Wand gespielt wurde, drei Impulse von geistlichen Frauen: Schwester Ancilla Wißling vom Kölner Karmel Maria vom Frieden, Pfarrerin Dr. Dorothea Ugi und Dr. Brigitte Saviano, Referentin für Caritaspastoral beim Caritasverband für den Rhein-Erft-Kreis.

„Jeder Mensch trägt in sich, in der Tiefe, das Allerkostbarste: die Begabung, sich dem innewohnenden Gottgeheimnis zu öffnen, dir, mir näher als ich mir selbst“, betonte Schwester Ancilla, die zehn Jahre lang auch Priorin des Kölner Karmel war, in dem einst auch Schwester Teresia Benedicta a Cruce lebte – besser bekannt als Edith Stein. Schwester Ancilla erinnerte dann an die heilige Teresa von Avila, spanische Karmelitin und Mystikerin im 16.Jahrhundert. Sie „ beschreibt Beten ganz wundervoll: ,Sich gern und oft bei dem aufhalten, von dem ich mich geliebt weiß, wie bei einem Freund‘, bei Jesus. Wie tief ist dieses Wort ,aufhalten‘ –  ich kann also bei Jesus einfach  verweilen, so wie ich eben bin: froh oder traurig, wütend oder erheitert, fragend oder nur einfach  da, schweigend, wie Liebende, ohne viele Worte – einfach da, so wie ich eben bin. Nur bei DIR sein.“

Im Gebet geht es um Beziehung, machte auch Schwester Ancilla deutlich, die regelmäßig eigene, lyrisch-spirituelle Gebete verfasst. „Beten meint nicht eine Münze, die ich einzahle und erhalte etwas wie vom Automaten. Beten ein herzöffnendes Beziehungsgeschehen. Lebenslang wächst es und  wandelt sich ins Tiefere-Weitere, ins MEHR Gottes, das uns ahnen macht, wie sehr alles mit allem zusammenhängt. Jeder und jede ist ein einmaliger Mosaikstein im  Schöpfungsallsamt, keiner darf fehlen!“

 

Eine gepflegte Unterhaltung mit dem lieben Gott

 

Dr. Brigitte Saviano berichtete in ihrem Impuls von einer Umfrage, die vor einiger Zeit unter den Mitarbeitenden der Caritas durchgeführt wurde. Auf die Frage „Warum beten Sie?“ kamen beispielsweise Antworten wie:

 

– „Wenn ich bete, komme ich runter, um Kraft zu sammeln, um eine Entscheidung zu treffen.“

– „Ich meine, ich rede mit Gott und bekomme auch Antworten. Sonst würde ich es nicht machen.“

–„ Manchmal sage ich, auch bei der Arbeit: ,Oh mein Gott, bitte hilf mir!‘ “

– „Ich bete zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, wenn diese das wünschen. Dann sehe ich, dass sie sich wohlfühlen, dass sie zufrieden sind. Das kann man am Gesicht sehen.“

– „Ich führe ab und zu mal mit dem lieben Gott eine gepflegte Unterhaltung.“

 

Vor 700 Jahren habe es die Mystikerin Mechthild von Magdeburg so gesagt: „Beten zieht den großen Gott in ein kleines Herz.“ Mit diesem Gedanken und der Kraft aus den eigenen Gebeten und denen ihrer Kolleginnen und Kollegen „gehe ich beherzt weiter durch den Tag“.

 

Bitten um Frieden und Einheit

 

Der evangelische Ökumenepfarrer Dr. Martin Bock hatte zuvor daran erinnert, dass Jesus als Jude sich mit den Gebeten zu Gott gewandt hatte, die bis heute als Buch der Psalmen fester Bestandteil der Bibel und der Gebetspraxis vieler Menschen sind. „Man lobt Gott, man preist ihn. In Glück und Zorn, Ratlosigkeit treten wir vor ihn.“

Dazu passten später die Fürbitten, in denen Pfarrerin Boury darum bat, dass die Explosionen und Anschläge, die Köln in den vergangenen Wochen erlebt hat, nicht weiter Angst verbreiten und dass sich die Gewalt nicht ausbreite und „auf die Menschen überträgt., sondern dass der Zusammenhalt, der in den Veedeln vorhanden ist, weiter gestärkt wird und die Liebe der Menschen zu ihrer Stadt“ .

Erzpriester Volodymyr Chayka, Vorsteher der Kölner Gemeinde der „Ukrainischen Orthodoxen Kirche Patriarchat Kyiv“ und Leiter des Europäischen Dekanates dieser Kirche, betete „für den Frieden in der Ukraine, für alle Menschen, die unter dem Krieg leiden, und dass es aufhört. Und für den Frieden der ganzen Welt. Für dieses Land, für die, die es regieren und beschützen. Und für den Fortbestand der heiligen Kirchen Gottes und um Einigung aller“. 

Des Weiteren wurde für den gemeinsamen Auftrag zum Erhalt der Schöpfung gebetet sowie für die Menschen, die nicht oder nicht mehr beten können.

Stadtdechant Msgr. Robert Kleine erbat abschließend den Segen „für uns, für unsere Gemeinden, für alle Christinnen und Christen in Köln und in aller Welt sowie für alle Menschen, besonders auch in den Kriegs- und Krisenregionen dieser Welt“. Pfarrerin Franziska Boury formulierte dann die Aussendung: „Geht einfach, geht heiter, geht unbeschwert und haltet Ausschau nach der Liebe Gottes. Und geht unter seinem Segen.“

 

Hildegard Mathies

 

Das Video des ökumenischen Gottesdienstes ist abrufbar bei DOMRADIO.DE

 

Die Manuskripte der Impulse können Sie hier herunterladen:

 

Schwester Ancilla Wißling

Pfarrerin Dr. Dorothea Ugi

Caritas-Referentin Dr. Brigitte Saviano

 

www.oekumene-koeln.de

 

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