Vom Benediktinerkloster zur orthodoxen Kirche: Alt-St. Heribert / Entschlafen der Gottesgebärerin
Heribert, seit 999 Kölner Erzbischof, war ein enger Berater und Vertrauter von Kaiser Otto III. und hatte diesem an seinem Sterbebett versprochen, ein Kloster zu Ehren der Gottesmutter zu errichten. Die beiden Freunde hatten sich dieses Gelöbnis zuvor bereits gegeben, dass derjenige, der länger lebte, dies tun sollte. Nachdem der Kaiser 1002 gestorben war, siedelte Heribert eine Benediktinerabtei am rechten Rheinufer an, dort, wo einst die Römer das Kastell Divitia errichtet hatten.
Der erste Kirchbau stürzte bald nach seiner Errichtung ein, sodass ein neues Gotteshaus erst 1020 eingeweiht wurde. Es war nicht nur der Gottesmutter Maria, sondern auch dem Salvator mundi geweiht, dem Erlöser der Welt, als der Christus verehrt wird. Laut der ehemaligen Kölner Stadtkonservatorin, Professorin Dr. Hiltrud Kier, war diese erste Kirche „ein monumentaler Zentralbau, dessen massives Mauerwerk im Inneren sechs Nischen aussparte und von einer Kuppel überfangen war“. Den Zugang prägte ein mächtiger Westbau mit einer großen tonnengewölbten Vorhalle. „Dieser ungewöhnliche Bau des frühen 11. Jahrhunderts steht in der Nachfolge der Kuppelbauten der Aachener Pfalzkapelle Karls des Großen und St. Gereons, übertraf beide aber in der Dimension bei Weitem", so Kier in einem Beitrag für den Förderverein Romanischer Kirchen Köln.
Kriegsschauplatz und Wiederaufbau
Mit seiner strategisch bedeutsamen Lage wurde Deutz immer wieder zum Schauplatz von Kriegshandlungen. Dabei wurde auch die Abteikirche mehrfach zerstört, etwa im 14. und 16. Jahrhundert. Nach der Zerstörung im Jahr 1376 verpflichtete der Papst die Kölner zum Neubau. Die 1382 neu eingeweihte Kirche blieb wenig mehr als ein Jahrzehnt stehen und wurde 1393 zerstört. Die erneute päpstliche Verpflichtung zum Neubau „brachte bis 1400 auf den alten Fundamenten den gotischen Neubau, einen hoch aufragenden, oktogonalen Bau mit Strebepfeilern und spitzem Dach, der im Inneren wohl eine Kuppel, vergleichbar der Rippenkonstruktion von St. Gereon, hatte“, so Kier. „Auch dieser monumentale Kuppelbau war ohne weitere Vergleichsbeispiele in seiner Zeit.“
1583 wurde Deutz im Kölner Krieg (auch Truchsessischer Krieg, 1583 bis 1588) vollständig zerstört. Nun dauerte es bis zum 17. Jahrhundert, bis sich eine neue Kirche am rechten Rheinufer erhob. Zwischen 1659 und 1663 wurde auf dem alten Fundament das nächste Gotteshaus errichtet, das sich noch heute wenige Meter vom Rhein in den Himmel über Köln erhebt. „Bei der dreischiffigen Basilika erinnern nur noch die leicht ausgebuchteten Seitenschiffmauern an die einzigartigen Zentralbauten des frühen 11. und späten 14. Jahrhunderts, die hier einst Deutz dominierten. Die gewölbte Basilika des 17. Jahrhunderts ist ein Beispiel des Weiterlebens gotischer Formen“, erklärt Hiltrud Kier.
Säkularisation unter Napoleon
Im Jahr 1803, als Napoleon mit seinen Truppen Köln beherrschte, wurde die Abtei säkularisiert. St. Heribert ging daraufhin an die Deutzer Pfarrei, die daraufhin – auch wegen schwerer Hochwasserschäden – ihre Kirche St. Urban aufgab und abbrach. Keine 100 Jahre später, 1896, bekommt der wachsende Industrie- und Militärstandort Deutz mit Neu-St. Heribert ein neues Gotteshaus. Der monumentale Bau an der Tempelstraße beherbergt heute die Gebeine des heiligen Heribert.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das ehemalige Klostergebäude stark beschädigt, nur das Erdgeschoss und Teile des Gewölbekellers blieben erhalten. In den 1970er-Jahren wurde die frühere Abtei unter dem Architekten Karl Band wieder aufgebaut. Die Fassade entspricht dabei dem historischen Erscheinungsbild und ist denkmalgeschützt. Das alte Klostergebäude beherbergt heute eine Senioreneinrichtung der Caritas. Sehenswert sind im Inneren die Wandgemälde des Künstlers Werner Weber.
Übergabe an die orthodoxe Gemeinde
Im November 1994 wurde die Kirche Alt-Sankt-Heribert offiziell an die Griechisch-Orthodoxe Gemeinde Köln übergeben. Es waren unter anderem historische Gründe für die Wahl dieser Kirche, so die Gemeinde auf ihrer Website. Sie beginnen mit der Präsenz des später heiliggesprochenen Kaisers Konstantin der Große im 4. Jahrhundert. Er baute dort, wo sich heute die Kirche befindet, die erste Brücke über den Rhein. Kaiser Otto III. war zudem der Sohn der byzantinischen Kaiserin Theophanu, die in der Kölner Kirche St. Pantaleon begraben wurde und von katholischen wie orthodoxen Christen gleichermaßen verehrt wird.
Das Innere der Kirche Entschlafen der Gottesgebärerin wird heute von der prachtvollen Ikonostase geprägt, die den Altarraum vom Kirchenschiff trennt.
Quelle: Beitrag von Hiltrud Kier für den Förderverein Romanischer Kirchen Köln