Der kölsche Pontifex: Heribert von Köln – Vorbild und Brückenbauer für die Stadt, Europa und die Ökumene
Köln. Vom 14. März 2021 bis zum 16. März 2022 feiert die katholische Kirche in Köln, gemeinsam mit der Griechisch-Orthodoxen Kirche, das Gedenk- und Jubiläumsjahr „1000 Jahre Heribert von Köln“. Es steht unter dem Leitwort „Gerechtigkeit. Macht. Frieden.“ und lädt die Kölnerinnen und Kölner sowie alle Interessierten ein, einen Heiligen neu zu entdecken, der die Stadt und das Erzbistum von seiner Wahl im Jahr 999 bis zu seinem Tod 1021 geprägt hat. Als Freund und Kanzler von Kaiser Otto III. (980-1002) lenkte der gebürtige Wormser (um 970 als Adeliger geboren) darüber hinaus die Geschickte des Reiches mit. Heribert war ein zwar machtbewusster, aber auch sozial agierender Kölner Erzbischof. Nach seiner Wahl war er als Zeichen seiner Bescheidenheit und Demut barfuß in die Domstadt eingezogen. Sein karitatives Engagement wirkte ins ganze Erzbistum hinein.
Zahlreiche Veranstaltungen und eine Sonderausstellung (ab Spätsommer 2021) prägen das Jubiläumsjahr. Vorgestellt wurde es jetzt im Rahmen einer coronabedingt digitalen Auftakt-Pressekonferenz vom Kölner Stadtdechanten Msgr. Robert Kleine, von Pfarrer Jürgen Dreher als Vertreter der Deutzer Gemeinde St. Heribert sowie von Erzpriester Radu Constantin Miron, der mit der Griechisch-Orthodoxen Gemeinde Köln an Alt-St. Heribert/Entschlafen der Gottesgebärerin residiert. Dabei wurde deutlich, dass der schon kurz nach seinem Tod (16. März 1021) als heilig verehrte Heribert nicht nur den Kölner Bürgerinnen und Bürgern auch heute noch ein Vorbild sein kann.
„Eine außergewöhnliche historische Gestalt“
Heribert habe seine Macht in sehr profilierter Weise eingesetzt, nicht nur als Erzbischof, erklärte der Stadtdechant. „Er war Berater der Politiker, Kanzler des Kaisers. Doch seine weltliche Macht hat er eingesetzt für Gerechtigkeit und Frieden, Gerechtigkeit vor allem auch im karitativen Bereich. Da kann er uns als Kirche und als Gesellschaft auch heute ein Vorbild sein.“
Mit Blick auf das Leitwort des Gedenkjahres betonte Kleine: „Wir brauchen Gerechtigkeit, damit es Frieden gibt.“ Heriberts Vorbild könne ausstrahlen bis in die Republik und nach Europa hinein. „Heribert gibt uns Mut, in der Kirche, in der Gesellschaft und in der Ökumene gemeinsam voranzuschreiten für Gerechtigkeit und Frieden. Damit wir alle daran arbeiten – wie es auch immer in unserer Macht steht.“
Heribert strebte etwa gemeinsam mit Kaiser Otto III. eine Erneuerung des römisch-deutschen Reiches auf christlicher Grundlage an. Während der großen Hungersnöte um 1005/1006 und 1009 sorgte er nicht nur für Nothilfe in Form von Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Er stattete den Klerus zudem mit Geldmitteln aus, damit dieser im Erzbistum die Menschen dabei unterstützen konnten, ihr Leben neu aufzubauen. Damit sollte auch verhindert werden, dass es die Armen aus Not in die Städte trieb und dort die Verelendung zunahm.
„Wir haben mit dem heiligen Heribert jemanden, der unsere Stadt vorangebracht hat“, so Stadtdechant Kleine. Mit der Gründung der Abtei Deutz im Jahre 1002 gab der damalige Erzbischof einen Anstoß zur weiteren Stadtentwicklung und zur Stärkung der rechten Rheinseite. „Das ist etwas, das unsere gesamte Stadt Köln bis heute prägt“, so Kleine.
Ein Bischof mit Distanz zur Macht
Pfarrer Jürgen Dreher, der das Leitwort des Jubiläumsjahres inspiriert hat, rief dazu auf, sich angesichts von Heriberts Leben und Wirken über das eigene Verhältnis zu Macht und Gerechtigkeit neu klar zu werden. Heribert habe sich von seiner Macht lösen können und habe Distanz zu ihr gehabt. Auf Degradierung und Demütigung durch Ottos Nachfolger, Kaiser Heinrich II. (973-1024) habe er nicht mit Rache, Neid oder Hass reagiert, sondern sich ganz auf sein Wirken als Kölner Erzbischof konzentriert.
Heriberts Leben war geprägt von Frömmigkeit und tiefem Glauben, sagte Dreher. Es gehe um Macht, die einem Menschen geschenkt werde, „Macht, die man sich nicht erarbeitet hat, die man sich nicht durch Leistung verdient hat“, so der Deutzer Pfarrer „Macht ist ein Geschenk aus Gottes Hand. Es geht darum, dieses Geschenk zu verwalten.“
„Ökumene ist keine Einbahnstraße“
Bei der großen Spaltung im Jahr 1054 trennten sich die orthodoxe und die katholische Kirche. Heribert von Köln ist ein Heiliger der alten, ungeteilten Kirche. Als Alt-St. Heribert im Jahre 1994 als Gotteshaus an die Griechisch-Orthodoxe Kirchengemeinde von Köln übergeben wurde, hätten sich die griechisch-orthodoxen Christinnen und Christen den Patron ihrer neuen geistlichen Heimat erst vertraut machen müssen, erzählte Erzpriester Radu Constantin Miron.
„Wir haben eine Ikone malen lassen“, sagte er und berichtete, dass deren erstes Exemplar von ihm an Papst Franziskus übergeben wurde. Auch ein Offizium, die Liturgie für ein Stundengebet, sei für den heiligen Heribert geschrieben worden „und er ist in unseren Gottesdiensten immer präsent“. Jährlich wird an Heriberts Todestag Gottesdienst gefeiert, ebenso wie im Gedenken an die Translatio, die Übertragung seiner Reliquien (30. August 1147). Zu beiden Gelegenheiten sind auch katholische Christinnen und Christen eingeladen.
„Ökumene ist nie eine Einbahnstraße“, betonte Miron, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ist. Ökumene sei ein gegenseitiges Wahrnehmen und Lernen.“ Für ihn sei es eine Fügung, „dass wir diese Kirche und nicht eine andere nutzen dürfen“, so der Erzpriester. „Das passt auch ein Stück weit in unsere Zeit der Ökumene.“
Geschichte strahlt aus
Mit dem Neubau einer großen Abteikirche gegenüber des früheren Domes habe Heribert einen deutlichen Akzent in der Stadt gesetzt. In der Folgezeit erlebte das ehemalige römische Kastell Deutz Wachstum und Blüte. Damit, aber auch mit seiner Bedeutung für die heutige Ökumene, wurde Heribert zum „kölschen Pontifex“, zum Brückenbauer, so Msgr. Kleine abschließend.
„Wir hoffen, dass etwas ausgeht von diesem Jubiläumsjahr und weiterwirkt“, so der Kölner Stadtdechant mit Blick darauf, „wo uns Heribert ein Vorbild sein kann, auch wenn wir keine Kanzler oder Bischöfe sind und in einer ganz anderen Zeit leben“. Kleine verwies auf den spirituellen Aspekt des Gedenkjahres „1000 Jahre Heribert von Köln“: „Wir hoffen, dass sich der Blick auf das, was uns geschenkt ist, und der Umgang damit erneuert. Und auch die Art, wie wir unser Leben und unsere Gesellschaft gestalten können – und auch unsere Kirche. Geschichte strahlt immer auch aus – selbst über 1000 Jahre hinweg.“ Heribert sei ein sehr aktueller Bischof und eine faszinierende Persönlichkeit, die neu zu entdecken sich lohne.
Sonderausstellung an zwei Orten
Zu den Höhepunkten des Jubiläumsjahres zählen neben der Eröffnung mit dem Mainzer Bischof Dr. Peter Kohlgraf und Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine in St. Heribert, Deutz (Sonntag, 14. März, 10 Uhr, Anmeldung erforderlich über www.kirche-deutz-poll.de), die orthodoxe Vesper in Alt-St. Heribert (Dienstag, 16. März, 18 Uhr, Anmeldung erforderlich unter 0162 1626351), eine Liturgische Nacht für Jugendliche in der Kirche Alt-St. Heribert/Entschlafen der Gottesgebärerin (Samstag, 28. August) sowie eine Schreinprozession über den Rhein zum Kölner Dom, wo am Sonntag, 29. August, um 12 Uhr ein feierliches Pontifikalamt mit dem Kölner Erzbischof, Rainer Maria Kardinal Woelki, gefeiert werden wird. „Das wird ein ganz besonderer Moment, wenn der Schrein von Alt-St. Heribert zum Dom gebracht wird“, sagte Stadt- und Domdechant Kleine. „Wir hoffen natürlich sehr, dass wir dann wieder mit vielen Menschen in einen vollbesetzten Dom feiern und dass viele bei der Prozession mitgehen können.“ Der Heribertschrein wird an diesem Tag zur Verehrung und zur Besichtigung im Dom bleiben.
Vom 26. August bis 14. November findet in der Kölner Domschatzkammer und in der Schatzkammer von St. Heribert die Sonderausstellung „Gerechtigkeit. Macht. Frieden. 1000 Jahre Heribert von Köln“ statt. Sie wird neben dem Heribertschrein und -schatz in St. Heribert in der Domschatzkammer weitere bedeutende Werke aus der Zeit Heriberts präsentieren. Dazu zählt etwa der Heribertkelch, der bis heute zu den kirchlichen Hochfesten wie Ostern und Weihnachten in St. Aposteln am Neumarkt im liturgischen Gebrauch ist. Bedeutende mittelalterliche Urkunden und Handschriften werden genauso ausgestellt wie der Stab des heiligen Heribert.